Katalanischer Regierungschef abgestraft
26. November 2012Die regierenden bürgerlichen Nationalisten der Convergencia i Uno (CiU) von Ministerpräsident Artur Mas (Artikelbild) verfehlten bei der Abstimmung, die als die wichtigste in der jüngeren Geschichte Kataloniens galt, klar die angestrebte absolute Mehrheit im Parlament in Barcelona. Die CiU gewann zwar die meisten Sitze, musste aber unerwartet drastische Stimmeinbußen hinnehmen und ist nun auf die Bildung einer Koalition angewiesen, um an der Macht zu bleiben.
Regierungschef Mas räumte ein: "Wir haben unser Ziel nicht erreicht." Der 57-Jährige hatte die eigentlich erst in zwei Jahren fällige Wahl vorgezogen, in der Hoffnung, eine eigene absolute Mehrheit im katalonischen Regionalparlament zu gewinnen und danach eine Volksabstimmung über die Schaffung eines unabhängigen Staates Katalonien abhalten zu lassen.
Verluste für die Regierung - dennoch Mehrheit für Separatisten
Nach Auszählung fast aller Stimmen gewann die CiU 50 der insgesamt 135 Parlamentsitze, 12 weniger als bei der Wahl 2010. Der große Gewinner der Wahl ist die linksnationalistische radikale Separatistenpartei ERC, die sich noch deutlicher für eine Trennung vom Mutterland einsetzt. Die ERC gewann 21 Sitze, gut doppelt so viele wie 2010. Zusammen kommen die Unabhängigkeitsbefürworter unterschiedlicher Couleurs damit auf eine absolute Mehrheit.
Neben den regierenden Nationalisten mussten auch die Sozialisten (PSC) starke Verluste hinnehmen. Sie kommen nur noch auf 20 Mandate, 8 weniger als bisher. Die konservative Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy gewann 19 Sitze, einen mehr als vor zwei Jahren.
Machtkampf mit Madrid
Die von Mas angesetzten vorgezogenen Neuwahlen waren Teil eines Machtkampfs mit der spanischen Zentralregierung von Ministerpräsident Rajoy. Dabei geht es um die Höhe von Kataloniens Zahlungen an den Staatshaushalt. Katalonien mit seinen 7,6 Millionen Einwohnern ist die wirtschaftsstärkste Region des Landes. Dort wird rund ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet. Doch trotz ihrer hoch entwickelten Wirtschaft ist das Gebiet im Nordosten Spaniens stark verschuldet. Die Regionalregierung führt dies darauf zurück, dass ein großer Teil der eingenommenen Steuern nicht nach Katalonien zurückfließt, sondern an ärmere Regionen im Süden verteilt wird. Viele Katalanen sind darüber schon lange erbost.
Eine Abspaltung wäre aber nicht nur für das Mutterland bitter, sondern auch für die Region selbst, denn ein unabhängiges Katalonien wäre nicht automatisch Mitglied der Europäischen Union. Die Folgen für die Wirtschaft sind kaum absehbar. Einen Autonomiestatus innerhalb Spaniens hat Katalonien bereits seit Jahrzehnten.
qu/haz (dpa, dapd, afp)