Katalonien: Absolute Mehrheit für Separatisten
21. Dezember 2017Für die spanische Zentralregierung in Madrid ist das Ergebnis ein Schock. Wenn Ministerpräsident Mariano Rajoy gehofft hatte, dass nach den Wahlen wieder so etwas wie Normalität in der Region einkehrt, dann ist dieser Plan gründlich daneben gegangen. Die Parteien, die eine Abspaltung Kataloniens vom Rest des Landes befürworten, holen erneut eine absolute Mehrheit, sie könnten also gemeinsam einen neuen Anlauf für die Loslösung Kataloniens vom Rest des Landes unternehmen. Damit steht ein neuer Machtkampf zwischen Barcelona und Madrid an.
Absolute Mehrheit - falls separatistische Parteien zueinander finden
Mittlerweile sind deutlich über 90 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die drei für eine Unabhängigkeit eintretenden Parteien kommen zusammen auf 70 der insgesamt 135 Sitze des Parlaments in Barcelona, so die katalanische Wahlbehörde. Für eine absolute Mehrheit reichen 68 Sitze.
Die liberale Partei Ciudadanos der Spitzenkandidatin Inés Arrimadas liegt zwar als einzelne Partei mit 35 Sitzen vorne. Die 36-jährige Gegnerin einer Abspaltung der Region von Spanien hat allerdings aufgrund des schlechten Abschneidens ihrer möglichen Koalitionspartner kaum eine keine Chance, die Regierung zu bilden. Statt dessen könnte es ein Comeback des Ende Oktober abgesetzten Regionalpräsidenten Carles Puigdemont geben. Puigdemonts separatistische Allianz JuntsxCat ("Gemeinsam für Katalonien") liegt mit 34 Sitzen an zweiter Stelle. Puigdemont hat das Ergebnis als "Ohrfeige" für Spaniens Zentralregierung bezeichnet. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy habe "das Plebiszit, das er selbst gesucht hat, verloren". Die absolute Mehrheit für die Unabhängigkeitsbefürworter sei ein Ergebnis, das niemand bestreiten könne. Er forderte: "Wir haben das Recht, angehört zu werden."
Koalitionsverhandlungen dürften schwierig werden
Nun müssen allerdings erst einmal die drei Parteien der Abspaltungsbefürworter zueinander finden. Es wird erwartet, dass es schwierige Koalitionsverhandlungen werden, da es auch innerhalb des Lagers zum Teil große Meinungsverschiedenheiten gibt. Auch was aus dem abgesetzten und nach Belgien geflohenen Puigdemont wird, ist noch nicht klar. Er hält sich noch immer in Brüssel auf. Da ihm in Spanien nach wie vor die Verhaftung als Aufrührer droht, konnte er seine Stimme nicht einmal persönlich abgeben. Stattdessen machte eine mit Vollmacht ausgestattete 18-jährige Katalanin in einem Wahllokal nahe Barcelona das Kreuz für ihn.
Die Zeit drängt
Für die Katalanen, da sind viele Beobachter sich einig, beginnt jetzt ein langer und schwieriger Weg. Die Koalitionsverhandlungen finden unter Zeitdruck statt; gibt es innerhalb der vorgegebenen Fristen bis etwa Mitte April keine neue Regierung, müsste Ende Mai oder Anfang Juni schon wieder neu gewählt werden.
Zudem gibt es Druck aus der Wirtschaft. Im Zuge der Krise verlegten bereits mehr als 3000 zum Teil sehr wichtige Unternehmen ihren Sitz aus der wirtschaftsstarken Region heraus, Zigtausende Touristen blieben weg und die ausländischen Investitionen gingen um mehr als 70 Prozent zurück.
bru/ml (afp/dpa/rtr)