Kauf, Verkauf, Kooperation - Chinas Rüstungsgeschäfte
23. Mai 2005China kommt dieser Tage einfach nicht aus den Schlagzeilen - auch militärisch nicht. Erst hatte Peking Pakistan eingeladen, gemeinsam Kampfjets vom Typ J-7, eine Abwandlung vom russischen Mig-25, zu produzieren. Stückzahl mindestens: 400. Dann kam die Nachricht, Peking plane ein gemeinsames militärisches Projekt mit Jakarta. Es geht um eine Kurzstreckenrakete mit einer Reichweite zwischen 30 und 60 Kilometern.
Alex Vatenka, Mitarbeiter der in London ansässigen rüstungspolitischen Fachzeitschrift "Jane's Defense Weekly", erkennt darin eine Strategie: "Die Waffengeschäfte Chinas begannen mit der Auflösung der Sowjetunion und zwar zunächst im Zusammenarbeit mit den neben Russland existierenden Ex-Sowjetrepubliken", erklärt er. Dabei versuche China, der heute größte Abnehmer bei der GUS, einerseits möglichst viel waffentechnologische Hardware zu erhalten. Andererseits arbeitet Peking auf dem Gebiet der Waffentechnik mit diversen Partnerstaaten wie Pakistan oder mit dem Iran zusammen. "Viel Hardware und fertige Rüstungsprodukte zu ergattern und zugleich mit möglichst vielen Ländern auf diesem Gebiet zu kooperieren - das ist die Strategie, für China die einzig wählbare Option", meint der Rüstungsexperte. Daher auch Chinas vehementer Einsatz für eine Aufhebung des europäischen Waffenembargos.
China öffnet Türen für andere
Chinas Waffengeschäfte müssen jedoch differenziert betrachtet werden. Momentan handelt Peking zumeist mit einfachen Waffen. Die Abnehmer: Afrika und Nahost-Staaten. Dort wird in erster Linie simples Gerät wie Maschinengewehre benötigt. Die chinesische Kooperation mit dem Iran ist da schon fortgeschrittener: "Da wird etwa an Boden-Boden-Raketen gebastelt", sagt Vatenka, der auf einen weiteren wichtigen Aspekt hinweist: "China ermöglicht einigen Regionen den Einstieg in das Rüstungsgeschäft, die traditionell mit den stärksten Waffenexporteuren Schwierigkeiten haben." Der Iran ist eine solche Region. "Der Iran kann weder mit den USA noch mit Europa rüstungstechnisch zusammenarbeiten", erläutert Vatenka.
Über Umwege zur Hochtechnologie?
Chinas Rüstungsgeschäfte folgen jedoch nicht allein marktwirtschaftlichen Prinzipien. Das Land hat auch andere Interessen. Das zeigt etwa das chinesische Angebot an Islamabad, Kampfjets vom Typ J-7 gemeinsam zu produzieren. Pekings Angebot erfolgte kurz nachdem Pakistan von den USA Jets des Typs F-16 gekauft hatte. Rüstungsexperte Vatenka vermutet, dass China über diesen Umweg seine Hand nach amerikanischer Rüstungshochtechnologie ausgestreckt hat. "Ich gehe jedoch davon aus", sagt er, "dass die Amerikaner genügend Sorge dafür tragen werden, dass die Chinesen nicht zuviel von der amerikanischen Technologie ergattern können." Vatenka verweist dabei auf Israel: "Die Israelis haben es im Moment sehr schwer, sich an amerikanischer Rüstungsforschung zu beteiligen, schlicht, weil die Amerikaner den Israelis misstrauen." Die USA befürchtet offenbar, Israel könnte die empfindlichen Technologien an Staaten wie China weitergeben.
Waffen für Öl
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die chinesische Rüstungsaußenpolitik mit einer weltweiten Sperre auf dem Gebiet der Waffen-High-Tech zu stoppen ist. Es gibt nicht nur genügend profitorientierte Produzenten und Verkäufer wie Russland oder Israel. China versteht es durchaus meisterlich, andere Länder mit Rüstungskooperationen zu ködern. Nicht nur Indonesien, auch lateinamerikanische Länder wie Venezuela sind gute Beispiele für diese Taktik.
Die Annäherung Chinas an Venezuela erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die Beziehungen Venezuelas zu den USA sehr angespannt waren. "Da kamen die Chinesen mit dem Angebot: 'Schaut, Euer Verhältnis mit den USA ist doch mies. Aber wir wollen gerne mit Euch Geschäfte machen!'", illustriert Fachjournalist Vatenka Pekings Strategie. Der Deal: Venezuela liefert Erdöl, China bietet als Tausch militärische Zusammenarbeit und Hilfe. Die Kooperation steckt noch in den Kinderschuhen, meint Vatenka, der annimmt, dass China die Rüstungsbeziehung noch intensivieren wird.
Freie Hand für China?
Auf Sanktionen nimmt China bei seinen Rüstungsgeschäften nur wenig Rücksicht, ebenso wenig auf Menschenrechte. Vatenka erläutert mit Blick auf die chinesische Kooperation mit Indonesien: "China geht rein von seinen harten geopolitischen Interessen aus. Ob die Menschenrechte verletzt werden, hindert China nur wenig daran, auf den Markt zu drängen. Verglichen mit westlichen Ländern, die Rücksicht nehmen müssen, hat China einfach freie Hand."
Die Bedeutung dieser geopolitisch gelenkten Rüstungspolitik will der Fernostexperte Vatenka zwar nicht zu hoch hängen. Dennoch gibt er zu bedenken, dass durch das chinesische Engagement auch andere regionale Mächte ihren Einfluss zu maximieren versuchen. "Japan wird vermutlich bald über eine Verfassungsänderung nachdenken, um so für die internationale Politik ein attraktiver Partner bleiben zu können." Die japanische Verfassung schränkt den Export von Rüstungstechnologie gegenwärtig noch aus.