Kaum Zivilgesellschaft bei G7
22. August 2019Beim G7-Gipfel im französischen Biarritz an diesem Wochenende bleiben die Spitzenpolitiker weitgehend unter sich - viele kritische Nichtregierungsorganisationen (NGO) werden nicht zugegen sein. Rund 30 NGO-Vertreter erhielten erst ganz kurzfristig am Donnerstagabend ihre Akkreditierung für den Gipfel. NGO-Vertreter begrüßten die Entscheidung, nannten sie aber "zu spät und zu wenig". Normalerweise erhalten Vertreter der Zivilgesellschaft bei derartigen Veranstaltungen Zutritt zum Gipfel selbst sowie zum Pressezentrum, um den dortigen Journalisten fortlaufend Einschätzungen zu den Entwicklungen des Gipfels geben zu können.
Zuvor hatten bereits mehrere Umweltorganisationen, die dem französischen Klimaschutznetzwerk Réseau Action Climat (RAC) angehören, ihre Teilnahme aus Protest abgesagt. Da die französische Regierung die Teilnahme von Vertretern der Zivilgesellschaft stark eingeschränkt habe, blieben die RAC-Mitglieder dem Gipfel fern, sagte Lucile Dufour von RAC. Die Entscheidung, eine Reihe von NGOs auszuschließen, sei ein "Angriff auf die Meinungsfreiheit", kritisierte Dufour. Dem Netzwerk gehören 32 nationale und lokale Organisationen wie Greenpeace, Oxfam Frankreich und der WWF an.
Aktivisten, Aktionen und eine Abschiebung
Bereits am Mittwoch hatte ein Gegengipfel von Aktivisten in dem auf der anderen Seite der Grenze gelegenen spanischen Irún und im französischen Hendaye begonnen. Für Samstag und Sonntag sind eine Großdemonstration sowie die Besetzung öffentlicher Anlagen in der Nähe von Biarritz geplant.
In Deutschland wird unterdessen der Fall eines Aktivisten aus dem linken Spektrums diskutiert, der aus Frankreich abgeschoben wurde. Die Abschiebung eines Deutschen aus Frankreich kritisierte der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Linke) als unzulässigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte zuvor Informationen zu deutschen Aktivisten aus dem linken Spektrum an Frankreich übermittelt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage Hunkos hervorgeht.
Der Gipfel der sieben großen Industrieländer steht unter dem Motto "Kampf gegen die Ungleichheit". Viele NGOs werfen den Staats- und Regierungschefs vor, regelmäßig nur Lippenbekenntnisse gegen die wachsende Ungleichheit auszusprechen. Überhaupt wird mit einem mühsamen Gipfel gerechnet, auf dem schon ein Minimalkonsens als Fortschritt zählen würde: Im vergangenen Jahr war US-Präsident Donald Trump vom G7-Gipfel in Kanada vorzeitig abgereist und hatte seine Unterstützung zur Abschlusserklärung nachträglich wieder zurückgezogen. In diesem Jahr sitzt mit dem neuen britischen Premier Boris Johnson ein weiterer Unberechenbarer am Tisch. Dazu belasten Trumps Handelskonflikte und Frankreichs Pläne einer Digitalsteuer die Stimmung weiter.
ehl/qu (dpa, afp)