Kein Wahlsieger in Sicht
27. August 2014Der afghanische Präsidentschaftskandidat Abdullah Abdullah hat seine Drohung wahrgemacht. Er zog sein Team von der Überprüfung der Stimmen der Stichwahl von Mitte Juni ab. Abdullahs Vorwurf: "Wahlbetrug in industriellem Ausmaß". Die Wahlkommission des Landes hatte nach dem Urnengang im Juni eingestanden, dass Tausende der 8,1 Millionen Wahlzettel gefälscht waren.
Abdullahs Boykott verschärft politische Krise
"Wir werden heute nicht an dem Prozess teilnehmen und uns vielleicht überhaupt nicht mehr an dem Prozess beteiligen", sagte Abdullahs Sprecher Hussain Santscharaki. Abdullah droht seit Längerem damit, eine eigene Regierung zu bilden.
Den entscheidenden Urnengang hatte Abdullah gegen seinen Konkurrenten, den früheren Finanzminister Aschraf Ghani, verloren. Nach vorläufigen Resultaten erhielt der ehemalige Außenminister nur 44 Prozent der Stimmen. Er zweifelt das Ergebnis umso mehr an, als er die erste Runde der Wahl am 5. April klar gewonnen, aber die erforderliche Mehrheit von 50 Prozent knapp verfehlt hatte.
Abdullah und Ghani hatten sich zuletzt nach intensiven Vermittlungen von US-Außenminister John Kerry geeinigt, die Stimmen unter Überwachung der UN komplett neu auszuzählen. Zudem sagten sie zu, das Ergebnis zu akzeptieren und eine Einheitsregierung zu bilden. Uneinig sind sich beide aber darüber, nach welchen Kriterien die Annullierung von Stimmen vorgenommen werden soll. Abdullah kritisiert, dass nicht alle gefälschten Wahlzettel aussortiert würden.
Sein Konkurrent ließ über einen Sprecher verlauten, man habe das Verfahren gemeinsam vereinbart und werde die Kriterien nicht mehr ändern. Um Chancengleichheit zu gewähren, habe sich nun auch das Team von Ghani auf Bitten der Vereinten Nationen zurückgezogen, sagte sein Sprecher.
Unklarheit für NATO-Truppen
Die Bekanntgabe eines Wahlsiegers droht sich damit weiter zu verzögern. Der amtierende Präsident Hamid Karsai hatte angekündigt, seinen Nachfolger am 2. September zu präsentieren. Dieser soll nach Wunsch Karsais bereits am NATO-Gipfel kommende Woche in Wales teilnehmen.
Dann geht es auch um das Engagement der internationalen Gemeinschaft am Hindukusch. Bis Jahresende ziehen die NATO-geführten ISAF-Truppen aus Afghanistan ab. Der erste demokratisch gewählte Präsident Afghanistans soll dann auch über ein für die Nachfolgemission wichtiges Truppenabkommen verhandeln.
sp/det (afp, dpa, rtr)