Dlamini-Zumas Bilanz ist verheerend
14. März 2017Es waren alle Zutaten für eine Erfolgsgeschichte vorhanden: Die erste Frau an der Spitze der AU-Kommission - eine Frau aus dem südlichen Afrika; eine, die sich als Freiheitskämpferin verdient gemacht hatte. Da konnte doch eigentlich nichts schief gehen.
Aber es sollte anders kommen: Nach gut vier Jahren an der Spitze der AU-Kommission muss man sich sehr bemühen, am Sitz der AU in Addis Abeba oder anderswo auf dem Kontinent ein positives Wort über Nkosazana Dlamini-Zuma zu hören. "Dr. Dlamini-Zuma hatte keine Ahnung von Afrika - und keinen Deut Interesse an den Afrikanern. Gut, dass wir sie los sind", schreibt der prominente nigerianische Menschenrechtsaktivist Chidi Anselm Odinkalu in einem wenig schmeichelhaften Meinungsstück für das Panafrika-Magazin "Pambazuka".
Kein guter Start
2012 wurde Dlamini-Zuma erst im dritten Anlauf und nach einer aggressiven Lobby-Kampagne der südafrikanischen Regierung zur AU-Vorsitzenden gewählt - und verlor dabei die Sympathien vor allem der ausgebooteten frankophonen Länder. Die hätten gerne eine weitere Amtszeit des umgänglichen Gabuners Jean Ping gesehen. "Dieser Graben ist bis heute nicht zugeschüttet - auch weil Dlamini-Zuma sich nicht wirklich darum bemüht hat", so die südafrikanische AU-Expertin Liesl Louw-Vaudran im DW-Interview.
Auch viele anglophone Länder störte der dreiste Bruch eines ungeschriebenen AU-Gesetzes. Es besagt, dass sich keines der Schwergewichte Afrikas auf den Topjob bewirbt.
Fachlich gut, aber…
Dabei eilte der ehemaligen südafrikanischen Innenministerin und ausgebildeten Ärztin beim Amtsantritt im Oktober 2012 ein guter Ruf voraus. "Sie kam mit einer guten Erfolgsbilanz, galt als fleißig und als gute Managerin", so Louw-Vaudran. Viele hätten ihr daher zugetraut, mehr Effizienz und Produktivität in die AU zu bringen.
Auch der Politikwissenschaftler Alphonse Zozime Tamekamta von der Denkfabrik "Thinking Africa" in Kamerun hatte hohe Erwartungen an die Südafrikanerin: "Sie ist eine starke Frau, die aus einem großen und mächtigen Land kommt. Die Menschen erwarteten von ihr mehr Visionen, mehr Managementgeschick, eine größere Freiheit im Ton und mehr Möglichkeiten, wichtige Entscheidungen zu beeinflussen", so Tamekamta im DW-Gespräch.
Doch am Ende des Tages würden diese AU-Entscheidungen eben von den afrikanischen Staats- und Regierungschefs getroffen, sagt Louw-Vaudran. Eine große Schwäche der AU sei, dass die Befugnisse der Kommissionsvorsitzenden stark eingeschränkt seien.
Wahlkampf daheim statt Krisenmanagement in Addis Abeba
Allen finanziellen und institutionellen Schwächen zum Trotz: Die Liste der von Dlamini-Zuma vernachlässigten Krisen ist lang - angefangen von Bürgerkriegen auf dem Kontinent über Ebola, dem Massensterben afrikanischer Migranten im Mittelmeer, bis zu El Niño und Hungersnöten. Während etwa der Chef der Afrikanischen Entwicklungsbank Donald Kaberuka während der Ebola-Epidemie Präsenz vor Ort zeigte, versteckte sich Dlamini-Zuma in Addis Abeba - oder weilte in Südafrika, um ihre Kandidatur für die Nachfolge ihres Ex-Mannes Jacob Zuma als Staatspräsident voranzutreiben.
So hielt sie sich auch beim Tauziehen rund um den Verbleib afrikanischer Länder im Internationalen Strafgerichtshof vornehm zurück. Unter Dlamini-Zumas Ägide haben mehrere Mitglieder ihren Austritt erklärt- allen voran Südafrika. "Frau Zuma strebt eine politische Zukunft im eigenen Land an - deshalb musste sie über viele wichtige Themen schweigen, was man ihr durchaus vorwerfen kann", sagt Politikwissenschaftler Siaka Coulibaly aus Burkina Faso.
Auch beim Kampf gegen Boko Haram habe es keine großen Verhandlungs- oder Finanzierungsanstrengungen der AU gegeben, sagt der Kameruner AU-Experte Tamekamta: "Es sind vielmehr regionale Organisationen eingesprungen, die den Anti-Terror-Kampf maßgeblich finanziert und Truppen zur Verfügung gestellt haben." Das wiederholte sich nun in der Krise in Gambia, wo die AU unter Dlamini-Zuma dem Wahlverlierer Yahya Jammeh aber immerhin die Zähne zeigte.
Dlamini-Zuma habe um die schwierigen Themen auf dem Kontinent einen weiten Bogen gemacht, "in dem Bemühen, Konfrontationen mit den Staatschefs zu vermeiden", glaubt Louw-Vaudran.
Nicht nur Schatten
Es habe aber auch positive Impulse gegeben - so müsse Dlamini-Zuma ihr Engagement für Afrikas Frauen angerechnet werden, meint Louw-Vaudran. So wichtig schien der scheidenden Kommissionsvorsitzenden die Frauenförderung dann aber wiederum auch nicht zu sein: Ende 2016 stieß sie ihre kamerunischen Gastgeber vor den Kopf, als sie, obgleich Ehrengast, Hals über Kopf und ohne Begründung die panafrikanische Fußballfrauenmeisterschaft verließ und nach Südafrika jettete. Ihr Ziel: eine wichtige Konferenz des regierenden ANC.
Letztlich wird Dlamini-Zuma wohl vor allem für ein Politinstrument in Erinnerung bleiben, das dieser Tage auch anderswo für Furore sorgt: Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter war die Südafrikanerin weitaus präsenter als an den Krisenherden Afrikas.