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Keine heiße Spur nach Anschlägen von Istanbul

17. November 2003

Nach dem Doppel-Anschlag auf Synagogen in Istanbul läuft die Suche nach den Drahtziehern mit Hochdruck. Der türkische Regierungschef Erdogan vermutet internationale Urheber hinter den Attentaten.

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Spurensuche am TatortBild: AP

Nach den verheerenden Autobomben-Anschlägen gegen zwei Synagogen in Istanbul gibt es nach Angaben des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan noch keine Hinweise auf die Urheber. "Noch haben wir nichts Konkretes", sagte er am Sonntag (16.11.2003) auf Fragen von Journalisten. Erdogan inspizierte zusammen mit dem israelischen Außenminister Silwan Schalom und Mitgliedern seiner Regierung die Zerstörungen im Umkreis der Neve-Schalom-Synagoge im Istanbuler Stadtbezirk Beyoglu. Bei den nahezu zeitgleich ausgeführten Anschlägen auf zwei Synagogen während der Sabbatgebete waren mindestens 23 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden.

Zwar hatte sich bereits am Samstag die militante Gruppe Kampffront des Großen Islamischen Ostens (IBDA-C) zu dem Anschlag bekannt. Ministerpräsident Erdogan äußerte jedoch Zweifel daran, dass der Doppelanschlag von einer türkischen Organisation allein hätte bewerkstelligt werden können. "Dieser Vorfall geht, glaube ich, über die nationale Dimension hinaus auf die internationale", sagte Erdogan.

Medien: Eine Tonne Sprengstoff

Der israelische Außenminister Schalom äußerte sich indessen zurückhaltend zu dem Verdacht, das Terrornetzwerk El Kaida könnte hinter den Anschlägen stehen. "Nach Angaben der türkischen Regierung geht es in diese Richtung, aber es sind noch einige Untersuchungen nötig", sagte er dem israelischen Militärrundfunk.

Nach türkischen Presseberichten waren die bei den Anschlägen am Samstag (16.11.2003) benutzten Autos mit insgesamt einer Tonne Sprengstoff beladen. Die Zeitung "Milliyet" berichtete, unter den Toten seien auch zwei mutmaßliche Selbstmordattentäter. Bei ihnen habe man Zündkabel gefunden.

"Internationale Verbindung offensichtlich"

Der türkische Außenminister Abdullah Gül sagte laut Nachrichtenagentur Anadolu, nach den letzten Informationen hätten die beiden Fahrzeuge mit den Sprengsätzen jeweils vor den Synagogen angehalten und seien dann explodiert. Man gehe davon aus, dass die Fahrer zu diesem Zeitpunkt noch am Steuer gesessen hätten. Gül betonte ebenfalls, die Terroranschläge wiesen "offensichtlich eine internationale Verbindung" auf.

Unterdessen hat die türkische Polizei nach Medienberichten mehrer Verdächtige wieder freigelassen. Wie der türkische Privatsender NTV und die Internetseite der Zeitung "Hurriyet" berichtet, waren mehrere Personen von Geheimdienstbeamten zu den Anschlägen verhört. Über die Nationalität der Verdächtigen oder ihre mögliche Zugehörigkeit zu einer Gruppe wurden keine Angaben gemacht.

Warnungen vor Anschlägen

Nach Ansicht der israelischen Generalkonsulin gehen die Anschläge auf das Konto einer "größeren Organisation" mit möglichen Verbindungen ins Ausland. "Der Angriff war von einem derart unvorstellbaren Ausmaß, dass er nur von einer größeren Organisation ausgeführt werden konnte, möglicherweise mit Unterstützung eines Staates", sagte die Diplomatin Amira Arnon in Ankara der Nachrichtenagentur AFP.

Arnon betonte, bei der Suche nach den Urhebern der Anschläge arbeiteten türkische und israelische Ermittler eng zusammen. Sie ergänzte, erst kürzlich hätten die jüdischen Gemeinden in der Türkei eine nicht näher spezifizierte Sicherheitswarnung erhalten. Daraufhin seien die Schutzmaßnahmen für die Synagogen verschärft worden.

Die Anschläge seien auch als Angriff auf die guten Beziehungen zwischen Israel und der Türkei zu werten, die im Gegensatz zu den meisten anderen moslemischen Ländern in der Region enge Kontakte zu dem jüdischen Staat pflegt. Laut Arnon ist die Türkei eines der beliebtesten Reiseziele für Israelis. In den ersten acht Monaten des Jahres seien 300.000 israelische Touristen in die Türkei gereist.