Kenianer führt UNCTAD
30. August 2013Mukhisa Kituyi ist einer, der sich zu Wort meldet. Die Leser von Kenias größter Tageszeitung Daily Nation finden dort regelmäßig Meinungsbeiträge von ihrem ehemaligen Handelsminister. "Er hatte eine spektakuläre Karriere hier in Kenia und Ostafrika", sagt der kenianische Schriftsteller Chacha Nyaigotti Chacha. Diese Karriere wird nun gekrönt: Am Sonntag (01.09.2013) tritt Kituyi seinen neuen Posten als Chef der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) an. Die UN-Vollversammlung und Generalsekretär Ban Ki-Moon hatten den Kenianer im Juni zum Nachfolger von Supachai Panitchpakdi erklärt. Der Thailänder stand seit 2005 an der Spitze der Organisation.
Die Erwartungen an Mukhisa Kituyi sind hoch: Die UNCTAD gilt als Gegenpol zu radikal-liberalen Positionen, wie sie Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) oft vertreten - etwa bei der Regulierung der Finanzmärkte. Ihre kritischen Töne sind aber nicht immer willkommen. Unterstützer der UNCTAD forderten deshalb eine international angesehene und intellektuell herausragende Persönlichkeit an der Spitze. Kenias führender Ökonom Frederick Mweni glaubt, dass Kituyi diese Fähigkeiten mitbringt: "Er wird in einem Bereich arbeiten, den er gut kennt", sagte er der DW, "und sein Verhandlungsgeschick als Politiker und seine Auffassungsgabe als Akademiker werden ihm dabei helfen".
Der scharfe Kritiker
Seine akademische Laufbahn begann Kituyi, der 1956 im westkenianischen Bezirk Bungoma geboren wurde, an der Universität von Nairobi. Er wechselte jedoch bald an Ugandas renommierte Makerere-Universität, wo er 1982 einen Abschluss in Politikwissenschaften und Internationalen Beziehungen machte. Doch auch die Sozialwissenschaften interessierten ihn: Im norwegischen Bergen promovierte er 1989 in Ethnologie. Sein Promotionsthema: der Einfluss der Marktwirtschaft auf Massai-Viehhirten in Kenia.
Den wissenschaftlichen Ehren folgte 1992 der Einstieg in die Politik. Als Abgeordneter vertrat er einen Wahlkreis seines Heimatbezirks Bungoma im Parlament. Zweimal wurde er wiedergewählt. In Kituyis letzter Amtsperiode von 2002 bis 2007 ernannte ihn Präsident Mwai Kibaki zum Minister für Handel und Industrie. In dieser Funktion übte Kituyi bisweilen scharfe Kritik an der internationalen Gemeinschaft. Als die Welthandelsorganisation 2003 über Patentrechte auf Medikamente stritt, äußerte sich der Kenianer verärgert: "Während ihr diese komplizierte Debatte führt, sterben meine Landsleute."
Die nationale Politik verließ er 2007, als er seinen Sitz im Parlament verlor. Schon 2009 soll er als potenzieller Leiter der UNCTAD im Gespräch gewesen sein, doch damals verlängerte UN-Generalsekretär Ban das Mandat des Thailänders Panitchpakdi um weitere vier Jahre. Und Kituyi widmete sich neuen Aufgaben: Er gründete das kenianische Institut für Regierungsführung (KIG), das als Schnittstelle zwischen Politik und Forschung gesehen wird.
Als kritische Stimme ist Mukhisa Kituyi immer wieder an die Öffentlichkeit getreten. Er begrüßte die US-amerikanische Politik, Handel und Investitionen in Afrika zu fördern, pochte aber zugleich auf verbindliche Verträge. Zudem sah er afrikanische Regierungen in der Pflicht: Diese sollten den interafrikanischen Handel stärker fördern. In der Zeitung Daily Nation beklagte er die Gier nimmersatter Politiker, die die Chancen Afrikas überschatte.
Afrika soll mehr in den Mittelpunkt rücken
Der kenianische Ökonom Mweni hofft nun, dass der kommende UNCTAD-Chef Kituyi die Belange Afrikas stärker in den Mittelpunkt rückt. Mit einer sehr jungen Bevölkerung und wachsenden Volkswirtschaften seien die ökonomischen Voraussetzungen für einen afrikanischen Aufschwung günstig.
Auch Schriftsteller Chacha Nyaigotti Chacha räumt Kituyi gute Chancen ein. Aufgrund seiner Erfahrungen in Kenia, Norwegen und zuletzt auch bei der amerikanischen Denkfabrik Brookings sei er gut geeignet, die Organisation "neu zu formen, um Probleme aus einer globalen Perspektive anzugehen". Es sei wichtig, dass die UNCTAD die Interessen der Entwicklungsländer genauso in den Blick nehme wie die der Industrieländer.