Kim-Trump-Gipfel - Warum in Vietnam?
7. Februar 2019Auf den ersten Blick mag Vietnam eine ungewöhnliche Wahl sein, aber auf den zweiten Blick wird deutlich, warum das kommunistische Land der ideale Ort für das Treffen sein könnte. Zum einen unterhält Vietnam, wie Singapur, wo das erste Treffen stattfand (Artikelfoto), diplomatische Beziehungen sowohl zu Nordkorea (seit 1950) als auch zu den USA. Zum anderen scheint Kim Jong Un an Vietnams wirtschaftlichem und politischem Weg als möglichem Vorbild für Nordkoreas Entwicklung interessiert zu sein.
So besuchte im November 2018 eine nordkoreanische Delegation unter der Führung von Außenminister Ri Yong Ho Vietnams Hauptstadt Hanoi. Während des Treffens sagte der vietnamesische Außenminister und Vizepremier Pham Binh Minh, dass er die Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel begrüße. Vietnam sei gerne bereit, seine Erfahrungen bei seiner sozio-ökonomischen Entwicklung zu teilen, wie die vietnamesischen Staatsmedien berichteten.
Schon bevor Vietnam als Treffpunkt für Kim und Trump ausgewählt worden war, habe Kim Jong Un die vietnamesische Regierung über seinen Wunsch nach einem offiziellen Besuch informiert, sagte Carl Thayer, Vietnamexperte und emeritierter Professor der Universität von New South Wales, der DW. "Für Kim ist es relativ unproblematisch, nach Vietnam zu reisen. Von Pjöngjang aus kann er Hanoi in drei bis vier Stunden mit seinem Privatflugzeug erreichen."
Vietnam als Modell für Nordkorea
Thayer nennt weitere Punkte, die für das gute bilaterale Verhältnis stehen: "Vietnam nimmt Studenten aus Nordkorea auf, die das vietnamesische Wirtschaftsmodell studieren. Und Vietnam stellt sich als als Gastgeber für Geheimgespräche zwischen Nordkorea und Japan zur Verfügung, bei denen es um den Streit wegen der in den 70er und 80er Jahren von Nordkorea entführten japanischen Staatsangehörigen geht."
Die Wahl Vietnams für das Treffen Trump - Kim ist im übrigen symbolisch für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg des Landes und seine wiedergewonnene Anerkennung auf internationale Bühne. 1975, nach mehr als 20 Jahren Krieg mit amerikanischer Beteiligung, wurde Vietnam im Westen als kommunistischer Pariastaat behandelt. Die verarmte Nation war mit massiven Sanktionen konfrontiert. 1986 begann die "Doi Moi" genannte Reformära. Die Wirtschaft liberalisierte sich und verwandelte das südostasiatische Land in eine der am stärksten wachsenden Volkswirtschaften der Region.
Aus nordkoreanischer Sicht kann Vietnam als Vorbild dienen, da es gezeigt hat, dass volkswirtschaftlicher Erfolg auch ohne Entwicklung zu einer liberalen demokratischen Ordnung möglich ist. Der Einparteienstaat ist nach wie vor unangetastet, was das Land aber nicht daran hindert, mit dem Rest der Welt zu handeln. In den vergangenen Jahren hat Vietnam Milliarden von Dollar als ausländische Investitionen angezogen und mehrere Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union und im Rahmen der transpazifischen Freihandelszone CPTPP vereinbart.
Laut südkoreanischen Medien ist Kim Jong Un von Vietnams Aufstieg beeindruckt. Während eines Treffens mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In soll der nordkoreanische Führer geäußert haben, er würde eine Öffnung nach vietnamesischem Modell gegenüber dem chinesischen bevorzugen. "Es gibt sicher eine Reihe wirtschaftlicher Fragen, bei denen Nordkorea sowohl von China als auch von Vietnam lernen kann", sagt Thayer der DW. "Ich glaube nicht dass das vietnamesische Modell perfekt ist, aber es zeigt auf, was möglich ist."
Bestätigung der verstärkten Beziehungen Vietnams zu den USA
Auch für Donald Trump ist Vietnam ein passender Treffpunkt. In den vergangenen Jahren haben sich die Beziehungen zwischen Washington und Hanoi deutlich verbessert. Vietnamesische Staats-und Regierungschefs haben sich sowohl mit Barack Obama als auch mit Trump getroffen. Im Mai 2017 war der vietnamesische Premierminister Nguyen Xuan Phuc Gast im Weißen Haus. Kurz darauf folgte ein Besuch von Trump in Hanoi. Die bilateralen Handelsbeziehungen haben vor dem Hintergrund des Handelskonflikts zwischen USA und China eine neue Bedeutung gewonnen. Dies trifft analog auch für den sicherheitspolitisch-strategischen Bereich zu, nämlich angesichts der wachsenden maritimen Rivalität zwischen China und USA im Westpazifik und insbesondere im Südchinesischen Meer.