Kirgisistan: Kampagne zur AIDS-Bekämpfung gestartet
21. Juni 2007Mehrere kirgisische Nichtregierungsorganisationen haben mit Unterstützung des Global Fund To Fight Aids eine Informationskampagne unter dem Motto "Frauen gegen Aids" begonnen. Die Teilnehmer des Projekts wollen vor allem Mädchen aufklären, die auf dem Lande leben. Dort ist nach Ansicht von Experten die Bevölkerung nach wie vor über AIDS und dessen Verbreitungswege kaum informiert. Im Rahmen der Informationskampagne "Frauen gegen AIDS" wird es eine Serie von Seminaren und Treffen mit der Bevölkerung geben, auch in den entlegendsten Regionen des Landes.
Informationen zu Tabu-Themen
Samira Akbagyschewa ist Leiterin des Frauen-Kongresses Kirgisistans. Sie gehört zu den Initiatoren des Projekts. Im Gespräch mit der Deutschen Welle sagte sie, in vielen Familien auf dem Lande werde über das Thema "sexuelle Beziehungen" nicht gesprochen. Die Verbreitungswege von AIDS seien nach wie vor bei vielen jungen Menschen unbekannt. Akbagyschewa unterstrich: "Wir sehen, dass Informationen fehlen. Im Vorfeld dieses Projekts haben wir soziologische Nachforschungen betrieben. Wir mussten feststellen, dass viele Menschen AIDS als irgendeine Bedrohung auffassen, als etwas höchst Verbotenes. Wenn in einer Familie AIDS vorkommt, dann bemühen sich alle, diese Familie zu meiden."
Kirgisistan gilt als Vorreiter
Die bevorstehende Kampagne gegen die Verbreitung von AIDS ist eines von vielen Projekten, die in Kirgisistan mit Unterstützung des Global Fund To Fight Aids realisiert werden. Es wird erwartet, dass Kirgisistan in den nächsten zwei Jahren mehr als fünf Millionen Dollar von dem Fonds erhalten wird. Der Epidemiologe Boris Schapir sagte der Deutschen Welle, die Hilfe der internationalen Gemeinschaft habe Kirgisistan ermöglicht, gewisse Erfolge in diesem Bereich zu erzielen: "Ich halte es für eine große Errungenschaft unseres Landes, dass wir die niedrigste Infektionsrate unter den GUS-Ländern haben. Wir hatten als erstes mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen zur AIDS-Bekämpfung begonnen und Projekte mit internationalen Organisationen umgesetzt."
Experten sprechen von Dunkelziffer
Dennoch steigt auch in Kirgisistan die Anzahl der AIDS-Fälle ständig an. Heute sind landesweit etwa 1200 Fälle gemeldet. Das ist aber die offizielle Statistik, betonte Boris Schapiro: "Diese Zahl ist relativ. Das sind die Fälle, bei uns gemeldet ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Zahl wesentlich höher ist." In den vergangenen zwei Jahren ist die Anzahl der gemeldeten AIDS-Fälle um mehr als das Anderthalbfache gestiegen. Mehr als 80 Prozent der AIDS-Patienten sind Drogenabhängige, die ihre Rauschmittel intravenös konsumieren. Deshalb warnen Ärzte, dass der zurzeit in Kirgisistan zu beobachtende Rückgang der Drogenpreise zu einer weiteren Verbreitung von AIDS beitragen wird.
Witalij Katargin, Bischkek
DW-RADIO/Russisch, 19.6.2007, Fokus Ost-Südost