Klage gegen Indonesiens Wahl
4. August 2004
Eine Woche, nachdem die indonesische Wahlkommission (KPU) die Zahlen der Stimmenauszählung für die erste direkte Präsidentschaftswahl vom 5. Juli 2004 bekannt gegeben hatte, hat am Montag (2.8.) die Anhörung einer Anfechtungsklage vor dem indonesischen Verfassungsgericht begonnen.
Wahlfavorit Susilo Bambang Yudhoyono, der bei dieser Auszählung rund 34 Prozent der Stimmen erreichte, sowie die derzeitige Präsidentin Megawati Sukarnoputri, die knapp 27 Prozent erhielt, würden nach diesem Ergebnis am 20. September die Stichwahlen um die Präsidentschaft austragen. Der frühere indonesische Armeechef Wiranto, der offiziell 22,21 Prozent der Stimmen erhalten hatte, wirft der KPU vor, das Ergebnis durch Manipulation und Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung verfälscht zu haben.
Erhebliche Vorwürfe
Die Vorwürfe sind erheblich: Wie Wiranto vor der Presse erklärte, seien durch bewusste Falschzählung 3,4 Millionen Wählerstimmen zu seinem Nachteil verschwunden. Sein Wahlkampf-Team äußerte, es gebe Beweise dafür, dass Mitarbeiter der KPU bei der Stimmenauszählung die Resultate verfälscht hätten, und dass Regierungsbeamte in ihrer Wahlentscheidung "von oben" beeinflusst worden wären. Hinzu kommen Vorwürfe, dass auch die Stimmen von Minderjährigen und von bereits verstorbenen Wählern abgegeben wurden.
Tatsache ist, dass es bereits bei der Stimmabgabe zu Fehlern kam. Dem leistete die besondere Art des Wahlzettels in Indonesien Vorschub. Der Wähler macht nämlich beim Kandidaten seiner Wahl kein Kreuz, sondern durchsticht den Wahlzettel an der entsprechenden Stelle. Bei versehentlich gefaltetem Zettel führt das dann dazu, dass mehrere Namen durchstochen werden - aber welcher ist der eigentlich gemeinte?
Mehrfach gewertete Stimmen
Solche Stimmzettel, die fälschlicherweise mehrfach durchstochen worden waren, wurden unterschiedlich gewertet. Während offiziell diese Zettel als ungültig betrachtet werden müssen, wurden die Stimmen in einigen Wahllokalen trotzdem und mehrfach gewertet.
Dies bestätigt auch Smita Notosusanto, Vorsitzende der indonesischen Wahlbeobachtungsorganisation "Centre for Electoral Reform": "Uns ist bekannt, dass es viele Ungleichmäßigkeiten und Schwankungen bei der Stimmenauszählung auf sämtlichen Ebenen gibt. Grund dafür ist die Arbeitsweise der Wahlkommission als durchführendes Organ bei den Wahlen."
Wiranto hofft durch ein für ihn günstiges Urteil, die von ihm beanspruchten Stimmen rückwirkend anerkannt zu bekommen. Das würde bedeuten, dass Wiranto an Stelle von Megawati Sukarnoputri in die Stichwahl im September gehen würde.
Wahl sei dennoch fair gewesen
Internationale und indonesische Wahlbeobachter bekräftigen unterdessen, dass die erste direkte Präsidentschaftswahl Indonesiens in ihren Augen fair und frei abgelaufen ist. Während Wiranto Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung für sein schlechtes Abschneiden bei den Wahlen verantwortlich macht, meinen Beobachter, dass die Unterstützung der ehemaligen Staatspartei Golkar, die Wiranto nominiert hatte, sowie sein negatives Image wegen Menschenrechtsverletzungen in Osttimor dafür verantwortlich sind.
Wiranto war Anfang 2004 angeklagt worden, als General in Ost-Timor Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben. Nach dem Referendum, das 1998 zur Unabhängigkeit der ehemaligen indonesischen Provinz geführt hatte, soll Wiranto seinen Truppen grünes Licht für Mord und Totschlag gegeben haben: 1500 Ost-Timoresen wurden getötet und die Infrastruktur Ost-Timors weitgehend zerstört. Wiranto behauptet, diese Anklage wäre Teil einer Kampagne gewesen, um ihn als Präsidentschaftskandidat zu diskreditieren.