Klatsche für Boris Johnson wegen "Partygate"-Affäre
20. Juni 2023Es ist zwar nur ein symbolischer Akt mit kaum direkten Auswirkungen, doch trotzdem ist die Botschaft deutlich: Die Mitglieder des britischen Unterhauses haben einem internen Bericht zugestimmt, wonach der ehemalige Premierminister Boris Johnson das Parlament über Partys an seinem Amtssitz während des Corona-Lockdowns belogen hat. Der empfohlenen 90-tägigen Suspendierung aus dem Parlament kam Johnson zuvor, indem er Tage zuvor sein Mandat niedergelegt hatte. Das Unterhaus entzog ihm mit der Abstimmung aber den Parlamentspass, der ehemaligen Abgeordneten eigentlich zusteht. Schon vor einem Jahr war der Konservative im Zuge der "Partygate"-Affäre zurückgetreten.
Vor der Abstimmung hatten die Abgeordneten darüber diskutiert, ob sie den Erkenntnissen des Parlamentsausschusses zustimmen und die vorgeschlagenen Strafen mittragen wollten. Am Ende votierten sogar nur sieben Abgeordnete von Johnsons Konservativer Partei gegen den Entschluss, aber 118 dafür. Die Mehrheit der 352 Abgeordneten starken Tory-Fraktion enthielt sich - darunter die meisten prominenten Kabinettsmitglieder. Insgesamt stimmten 354 Abgeordnete zu.
Kritik an Johnsons Nachfolger Rishi Sunak
Premierminister Rishi Sunak blieb der Abstimmung fern, was ihm die Opposition als "Schwäche" auslegte. "Wenn der Premierminister noch nicht einmal in der Lage ist Führung zu beweisen, wenn es darum geht, Lügner zur Rechenschaft zu ziehen, wie kann er erwarten, dass die Bürger dieses Landes ihm in anderen Dingen vertrauen", sagte die Labour-Abgeordnete Thangam Debbonaire. Die Vize-Fraktionschefin der Liberaldemokraten, Daisy Cooper, kritisierte: "Sunak hat Integrität versprochen, doch als es hart auf hart kam, war er zu schwach, um überhaupt aufzutauchen." Sunak hatte sich öffentlich nicht auf eine Entscheidung festlegen wollen und dies damit entschuldigt, er wolle das Votum nicht beeinflussen.
Boris Johnson hatte den "Partygate"-Bericht kritisiert und die daran beteiligten Mitglieder eines Ausschusses beleidigt. Umfragen zufolge ist der Ex-Premier an der konservativen Parteibasis in Großbritannien weiterhin beliebter als der aktuelle Amtsinhaber Sunak. Viele Tory-Mitglieder halten Johnson für einen begnadeten Wahlkämpfer, ohne den die Partei bei der für 2024 geplanten Parlamentswahl keine Chance habe.
Plant Johnson ein Comeback?
Premier Sunak dürfte nun darauf hoffen, dass mit der Abstimmung ein Schlussstrich unter die langwierige "Partygate"-Debatte gezogen wird. Doch Johnson hat bereits deutlich gemacht, dass er seine politische Karriere nicht für beendet hält. "Winston Churchill ist erst mit 65 Jahren Premierminister geworden", soll er Vertrauten nach Informationen der Zeitung "Sunday Times" mit Verweis auf sein großes Vorbild wiederholt gesagt haben. Spekuliert wird, dass Johnson versuchen könnte, sich in einem anderen Wahlkreis für 2024 aufstellen zu lassen - gegen Sunaks Willen. Würde er dann erneut ins Unterhaus gewählt, erhielte er auch seinen Parlamentspass zurück.
Zunächst dürfte der Ex-Premier den amtierenden Regierungschef aber mit lautstarken Wortmeldungen von der Seitenlinie piesacken. Nur kurz nach seinem Rückzug aus dem Parlament teilte die konservative Boulevardzeitung "Daily Mail" mit, dass Johnson künftig als Kolumnist schreiben werde.
cwo/fab (dpa, afp)