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Klima für Juden und Muslime wird rauer

1. Oktober 2015

Die Fremdenfeindlichkeit in Deutschland wächst, so der Europarat. In der übrigen EU ist Diskriminierung ebenfalls an der Tagesordnung - nicht nur im Internet. Auch der Papst warnt vor wachsendem Rassismus.

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Ein Mann mit Kippa und eine Muslimin mit Kopftuch (Archivbild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Der Europarat hat nach eigener Einschätzung eine besorgniserregende Zunahme von Fremdenfeindlichkeit in Deutschland festgestellt. Das Klima sei für Muslime, Juden und andere Bevölkerungsgruppen feindseliger geworden, heißt es in einem Bericht, den der Europarats-Ausschuss für Minderheitenschutz in Straßburg veröffentlichte. Die Untersuchung deckt den Zeitraum 2010 bis Frühjahr 2015 ab.

Alarmierend seien etwa die zahlreichen "Pegida"-Demonstrationen in etlichen deutschen Städten. Der Ausschuss ist außerdem der Ansicht, dass mehr getan werden müsse, um das Vertrauen der Minderheiten in die Polizei zu stärken. Dieses sei durch die fortdauernde Praxis des ethnischen Profiling und "ernste Lücken" bei der Untersuchung rechtsextremer Vorfälle erschüttert worden.

"Generelles Systemversagen bei Terror von rechts"

In diesem Zusammenhang verlangt der Europarats-Menschenrechtskommissar, Nils Muiznieks, von Deutschland, ernsthaftere Konsequenzen aus der NSU-Affäre zu ziehen. Die Bundesrepublik müsse sich endlich eingestehen, dass es ein generelles Systemversagen bei der Verfolgung der rechtsextremen Terrorgruppe gegeben habe, schreibt er in einem separaten Bericht.

Es sollte auch verstärkt pädagogische Programme zu Rassismus für Justiz- und Polizeibeamte geben, so Muiznieks. Darüber hinaus forderte er eine unabhängige Beschwerdestelle bei der Polizei, an die sich Bürger wenden könnten, sollten sie Bedenken bei der Verfolgung rassistischer Straftaten haben.

Diskriminierung an der Tagesordnung

Pegida-Demonstration in Dresden (Archivbild: dpa)
"Gegen die Islamisierung des Abendlandes": Pegida-Demonstration in Dresden (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Diskriminierung ist freilich kein Problem, das allein Deutschland betrifft. Auch in vielen anderen Staaten der Europäischen Union ist Fremdenfeindlichkeit an der Tagesordnung. So ist jeder fünfte EU-Bürger in den vergangenen zwölf Monaten mit antisemitischen Äußerungen beschimpft worden, wie EU-Justizkommissarin Vera Jourova in Brüssel auf einer Veranstaltung zum Thema Antisemitismus und Hass gegen Muslime erklärte.

In einer anlässlich der Tagung veröffentlichten Umfrage von Eurobarometer gab die Hälfte der Europäer an, Diskriminierung aufgrund der Religion oder Weltanschauung sei weit verbreitet. Ein Drittel war der Meinung, öffentlich bekundete religiöse Überzeugungen könnten bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz von Nachteil sein. In Deutschland gab die Hälfte der Befragten an, dass etwa das Tragen religiöser Symbole am Arbeitsplatz Nachteile haben könne.

Muslime im Abseits

Der Umfrage zufolge sind Muslime in der Gesellschaft am wenigsten anerkannt. 61 Prozent der Befragten wären mit einem muslimischen Kollegen an ihrem Arbeitsplatz vorbehaltlos einverstanden, 43 Prozent mit einer Beziehung ihrer erwachsenen Kinder zu einem muslimischen Partner.

EU-Kommissarin Jourova appellierte an alle EU-Staaten, den Kampf gegen Antisemitismus auch strafrechtlich auszuweiten. Täter sollten ausnahmslos bestraft werden, wenn sie sich fremdenfeindlich äußerten. "Und wenn ein Politiker zu Hass aufstachelt, dann muss das Gesetz auch für ihn gelten", so Jourova.

"Mitschuld durch Gleichgültigkeit"

Papst Franziskus (Archivbild: Reuters)
"Flüchtlinge sind unsere Brüder und Schwestern": Papst Franziskus (Archivbild)Bild: Reuters/M. Makela

Vor dem Tag des Flüchtlings am Freitag hat auch Papst Franziskus wachsenden Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus beklagt. Er bezog sich dabei vor allem auf den Umgang mit Flüchtlingen und Zuwanderern. Migranten müssten als Menschen betrachtet werden, die zum Wohlstand und Forschritt einer Gesellschaft beitragen könnten, erklärte das katholische Kirchenoberhaupt.

Dazu gelte es, "Vorurteile und Ängste zu überwinden". Flüchtlinge seien "unsere Brüder und Schwestern". Gleichgültigkeit und Schweigen gegenüber ihrem Schicksal führten zur Mittäterschaft, "wenn wir als Zuschauer Zeugen des Todes durch Ersticken, Entbehrung, Gewalt und Schiffbruch werden", so der Papst.

jj/se (dpa, kna, epd)