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Greenpeace protestiert gegen Ölbohrungen in der Arktis

Irene Quaile30. November 2012

Greenpeace macht gegen den Ansturm der Öl- und Gasgiganten auf die Arktis mobil. Die Gefahr eines Unfalls sei viel zu groß. Stattdessen solle die Polarregion zum Naturschutzgebiet erklärt werden.

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Foto: Irene Quaile Greenpeace Eisbär (Poster) auf dem Theaterplatz, Bad-Godesberg. Greenpeace-Aktion zum Schutz der Arktis, Juni 2012
Greenpeace Aktion zum Schutz der Arktis Juni 2012 Bonn Bad Godesberg DeutschlandBild: Irene Quaile

Auf einem zentralen Platz in Bad Godesberg bei Bonn scheint die Sonne an einem schönen Junimorgen. Eine junge Mutter mit ihrem Kind kauft sommerliche Früchte und Salat von einem nahe gelegenen Stand. Die Arktis mit ihrem Eis und Schnee erscheint sehr weit weg. Doch zwischen dem Verhalten der Verbraucher hier in Deutschland und der weißen Wildnis im Hohen Norden gebe es klare Verbindungen, sagt Lucas Ziemer, ein Zwanzigjähriger im grünen Greenpeace-T-Shirt, der vor einem Modell einer Ölplattform am Infostand steht.

"Der Klimawandel, den wir Menschen in der industrialisierten Welt mit unseren Autos, Heizungen und Lebensstil vorantreiben, lässt das Eis der Arktis schmelzen", erklärt der junge Umweltschützer. "Und das erleichtert den Zugang zu der einst schwer erreichbaren Gegend – und damit unter Umständen zu weiteren Ölreserven."

Naturschutzgebiet statt Wirtschaftsstandort

In der Arktis werden ungefähr 13 Prozent der noch unentdeckten weltweiten Ölreserven und knapp ein Drittel der unentdeckten Gasreservoirs vermutet. Seitdem der Klimawandel das Meereis schmelzen lässt, läuft ein Wettrennen zwischen den Ölgiganten. In diesem Sommer will Shell vor der Küste Alaskas Probebohrungen durchführen. Das russische Konzern Gazprom plant, vor der russischen Küste mit der Ölförderung zu beginnen. Dagegen protestiert Greenpeace.

Greenpeace protestierte gegen Ölbohrungen vor Grönland Foto: Markel Redondo / Greenpeace
Im letzten Jahr protestierte Greenpeace gegen Ölbohrungen vor GrönlandBild: Markel Redondo/Greenpeace

"Wir möchten, dass die Arktis zum Naturschutzgebiet wird", sagt Lucas, der seit einem halben Jahr ehrenamtlich bei Greenpeace mitarbeitet. "Wir möchten nicht, dass Ölbohrungen in der Arktis stattfinden", erklärt er den Passanten. Die extremen Bedingungen wie die Kälte und die halbjährige Dunkelheit würden das Bohrgeschäft gefährlich machen. Das Risiko eines Unfalls sei daher groß. Und wenn es zu einem Ölaustritt kommen sollte, dauere es viel länger als in wärmeren Gegenden ohne Eis, bis das Öl abgebaut werde.

"Die Arktis gehört allen"

Deswegen sammelt Greenpeace in Bad Godesberg und in 64 anderen deutschen Städten in diesen Tagen Unterschriften, um sie an den Vorsitzenden des Öl-Multis zu schicken. Gleichzeitig wollen die Umweltschützer weltweit eine Million Unterschriften sammeln und in einer wasserdichten Kapsel am Nordpol versenken, um zu signalisieren, dass die Arktis der ganzen Welt gehört: Sie soll als Naturschutzgebiet erhalten werden und nicht der kommerziellen Ausbeutung preisgegeben werden, meint die Umweltschutzorganisation.

Politische Karte der Arktis, englische Beschriftung
Die Arktisanrainer wollen von den Rohstoffen unter dem Eis profitierenBild: CIA/public domain

Ulrike Reutlinger, Sprecherin für Meer- und Waldschutz bei der Greenpeace-Gruppe in Bonn, erinnert an die Ölkatastrophe an der Deep Water Horizon-Plattform im Golf von Mexiko vor zwei Jahren. "Dort findet man heute noch jede Woche mindestens einen toten Delfin." Auch der Klimaschutz spreche gegen die Suche nach Öl im Hohen Norden. Schließlich trage die Verbrennung von Öl zum Treibbhauseffekt und so zur globalen Erwärmung bei.

Reicht das Sammeln von Unterschriften aus?

Einige Passanten unterbrechen ihre Einkaufstour, angelockt von der Mini-Bohrplattform und den Eisbären auf den Greenpeaceposter am Stand.

"Ich bin immer dabei, wenn ich so etwas sehe", meint Ramona Tiebel, die mit ihren zwei Kindern vorbeischaut. "Da wird der ganze Planet geschützt – für die nächste Generation", sagt sie, während ihr kleiner Sohn neugierig auf die Eisbären schaut.

Lucas Ziemer und Ulrike Reutlinger bauen den Modellbohrturm auf Foto: Irene Quaile
Lucas Ziemer und Ulrike Reutlinger bauen den Modellbohrturm aufBild: Irene Quaile

"Ich habe die Petition zur Rettung der Arktis unterschrieben", sagt Herbert von Scheeven, der auf seinem Fahrrad zum Einkaufen unterwegs ist. Er ist aber auch etwas skeptisch. "Diese Gesellschaft ist so aufs Auto fixiert. Unterschreiben ist schnell gemacht, aber das Verhalten des Einzelnen ist ganz wichtig."

Experten warnen, dass es bisher keine Methode gebe, um einen großen Ölunfall in schwer zugänglichen Gebieten der Arktis vor allem im Winter zu beherrschen. Umweltschutzorganisationen rechnen vor, dass man auf solche risikoreichen Operationen verzichten könnte, wenn der Ölverbrauch reduziert würde. Laut einer in diesem Monat vorgestellten Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt im Auftrag von Greenpeace, dem Globalen Dachverband für die Windindustrie (GWEC) und dem Europäischen Dachverband für Erneuerbare Energien (EREC) könnte die Weltbevölkerung ihren Ölverbrauch bis zum Jahr 2050 um 80 Prozent reduzieren und damit 650 Gigatonnen Kohlendioxid einsparen. Die Schlüssel dazu seien wesentlich effizientere Autos und ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien.