"Wir haben es getan!"
13. Dezember 2015"Das Abkommen ist angenommen." Mit dieser Formulierung besiegelt der Vorsitzende Laurent Fabius ein Papier, das die Welt verändern soll.
Am Ende gab es Tränen der Begeisterung auf dem Podium der Klimakonferenz. Fabius, der die Verhandlungen in zwei Wochen zum Erfolg geführt hatte, und die Generalsekretärin der UN-Klima-Rahmenkonvention, Christiana Figueres, fielen sich erst in die Arme und hoben dann die Arme in die Luft wie Boxer nach dem erfolgreichen Fight.
Auch Frankreichs Staatschef Francois Hollande war zur Verabschiedung des Abkommens erschienen, um etwas von dem Glanz abzubekommen. Der Saal reagierte fast exstatisch auf diesen Moment, für den die Delegierten, aber vor allem der Vorsitzende, in den vergangenen Tagen so hart gearbeitet hatten. Immer wieder brandeten Jubel und Applaus auf.
Alle sind aufeinander zugegangen
Die südafrikanische Umweltministerin Edna Molewa als Sprecherin der Gruppe der Entwicklungsländer betonte: "Wir haben dieses Abkommen im Geist der Zusammenarbeit vereinbart." Es sei nicht perfekt, aber doch ein Schritt zu einer besseren und sichereren Welt. Zwar werde man weitere technische Schritte brauchen, aber es gebe jetzt dafür einen robusten Rahmen. Auch für die Entwicklungsländer würden daraus neue Verantwortlichkeiten entstehen, räumte Molewa ein. Und damit spricht sie einen der bahnbrechenden Aspekte des Abkommens an: Zum ersten Mal ist es gelungen, die Gruppe der Entwicklungsländer – zu der sich auch Schwellenländer wie China, Malaysia oder Indien zählen – mit allen Beteiligten im Boot zu behalten. Sie hatten in der Vergangenheit oft als Bremser gewirkt, aber in Paris taten sie das, was ihre Sprecherin zu Recht "einen großen Sprung vorwärts" nannte.
Das gleiche gilt für die Gruppe derjenigen Industrieländer, die sich lange gegen den ökonomischen Wandel gesperrt hatten: Zu ihr gehörten früher etwa Kanada, Australien oder auch die USA. Aber in Paris war diese Koalition weitgehend auseinandergefallen, sei es durch Regierungswechsel wie in Toronto oder Canberra oder durch einen Politikwechsel wie den der US Regierung.
Gegner von gestern als Freunde des Klimaschutzes
US Außenminister Kerry hatte in der zweiten Verhandlungswoche intensiv an der Kompromissbildung mitgewirkt. Zwar hielt am Ende ausgerechnet seine Delegation die Verabschiedung vorübergehend auf, weil sie rechtliche Bedenken gegen eine Formulierung hatte. Am Ende aber erklärte Kerry: "Dieses Abkommen ist im Interesse jeder Nation auf dieser Welt, um einer unserer komplexesten Herausforderungen zu begegnen." Kerry rief die Wirtschaft dazu auf, ihre Investitionen in klimafreundliche Anlagen umzuschichten und forderte Erfindergeist, um neue Techniken zu schaffen. Er fand auch ein besonderes Wort für die Gastgeber: Nachdem Frankreich Menschenleben an den Terror verloren habe, sei der Welt in Paris nun ein Beispiel gegeben worden, wie man dagegen aufstehe.
Die Ergebnisse
Was beschlossen wurde: Es ist das erste Mal, dass sich alle 195 beteiligten Staaten vertraglich dazu bekennen, Anstrengungen im Kampf gegen die Erderwärmung zu unternehmen. Der Vertrag sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad vor. Zudem ist festgelegt, die Netto-Emissionen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf null zu senken.
Der Vertrag tritt 2020 in Kraft. Die selbstgesteckten Klima-Ziele der einzelnen Länder sollen alle fünf Jahre überprüft und nachgebessert werden. Außerdem soll es ein System von Berichtspflichten und Transparenzregeln geben. Die nationalen Klimaziele werden allerdings weiterhin von den einzelnen Ländern festgelegt - bislang reichen die vorliegenden Pläne nicht aus, um den Klimawandel auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.
Indien und China schwenkten ein
Zurück zu den Schwellenländern: Selbst Indien, das zu Beginn der Verhandlungen noch Skepsis gezeigt hatte, schwenkte auf den gemeinsamen Kurs ein. "Das ist ein neues Kapitel im Leben von sieben Milliarden Menschen", sagte der indische Umweltminister Prakash Javadekar. Obwohl sein Land ein ambitionierteres Abkommen und mehr Engagement der Industrieländer gewünscht hätte, stimme er doch dem Abkommen im Geist des Kompromisses zu. Auch China ist in Paris über seinen Schatten gesprungen. "Das Abkommen ist ein starkes und positives Signal", so Umweltminister Chen Jining. Es sei die verantwortungsvolle Wahl für künftige Generationen und eine großartige Tat unserer Generation.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zeigte ungewohnten Überschwang: "Ich neige nicht zur Übertreibung, aber wir haben zusammen Geschichte geschrieben." Die Festlegung des Zieles von 1,5 Grad sei zwar nicht rechtlich bindend, aber doch mehr, als man erwarten konnte. Vor allem habe die in Paris gebildete "Koalition der besonders Ehrgeizigen" bis zuletzt für ein starkes Abkommen gekämpft. Hendricks betonte auch, dass die Industrieländer sich bei der Finanzierung ihrer Verantwortung bewusst seien und bei der Bewältigung der Folgen helfen würden. Die Weltgemeinschaft habe gezeigt, "dass sie eben doch handlungsfähig ist".
Überbordende Freude
Vielen Rednern schwankte vor Bewegung die Stimme, auf dem Podium wurde immer wieder umarmt und geküsst. Fast schien es, als ob die meisten kaum glauben konnten, dass sie an diesem Ereignis teilnahmen. Und immer wieder gab es Sonderapplaus: Für Verhandlungsführer Laurent Fabius, für den US-Klimaschutz-Apostel Al Gore, für UN-Vertreterin Figueres, für den chinesischen Umweltminister. Und für Präsident Francois Hollande, als er der Versammlung zurief: "Ihr habt es getan!". Als einziger nörgelte am Ende der Vertreter aus Nicaragua, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. In Paris feierte die Weltgemeinschaft begeistert sich selbst und ihren Erfolg.