Klimakrise: Japan verkauft Staatsanleihen für grünen Wandel
20. Februar 2024Japan verkauft Klimaanleihen - in der vergangenen Woche versteigerte die Regierung Zehn-Jahres-Anleihen im Wert von 800 Milliarden Yen, umgerechnet knapp fünf Milliarden Euro. Und das ist erst der Anfang. Die nächste Tranche ist für Ende dieses Monats geplant. Die Behörden hoffen, Staatsanleihen im Gesamtwert von 125 Milliarden Euro verkaufen zu können, um den grünen Wandel des Landes zu finanzieren, der in Japan als Green Transformation (GX) bezeichnet wird.
Das asiatische Land ist das erste und bislang einzige Land der Welt, das Staatsanleihen anbietet, um damit Reformen zur Bekämpfung des Klimawandels zu finanzieren. Diese von der Regierung ausgegebenen Wertpapiere werden an private Investoren verkauft. Die Anleger haben Anspruch auf periodische Zinszahlungen und den vollen Nennwert der Anleihe.
Auf diese Weise kann die Regierung privates Geld in ihre Klimaziele stecken, ohne ihren regulären Haushalt zu sprengen. Ein Teil der Mittel soll in Projekte wie kostengünstige Windkraftanlagen, Kohlenstoff-Recycling-Technologien und Flugzeuge fließen, die alternative Treibstoffe verwenden. Ein Hauptaugenmerk liegt jedoch auf der Entwicklung modernster Batterien und Mikrochips, die die Emissionen langfristig reduzieren sollen.
Im Vorfeld des ersten Verkaufs betonte der Vorsitzende der Japan Securities Dealers Association, Toshio Morita, dass es Japan an natürlichen Ressourcen mangele und daher anfällig für drastische Energieengpässe sei, auf der anderen Seite aber "technologische Stärken aufweist".
"Die 'Grüne Transformation' zielt darauf ab, Gesellschaft und Industrie von ihrer früheren, von fossilen Brennstoffen geprägten Basis auf eine neue mit sauberer Energie zu verschieben. Sie ist eine Kerninitiative, die die Industrie- und Energiepolitik verändern und die Wettbewerbsfähigkeit sowohl von Unternehmen als auch des Staates stärken soll", sagt Morita.
Zu hohe Erwartungen?
Die Anleihen sind dabei ein Schlüsselelement in den Plänen von Premierminister Fumio Kishida, um damit die Transformation der japanischen Industrie und Gesellschaft zu finanzieren. Bis zum Ende des Jahrzehnts hofft Japan, seine Treibhausgasemissionen auf weniger als die Hälfte des Wertes von 2013 zu senken. Bis 2050 will das Land die Emissionen auf Null reduzieren. Schätzungsweise 940 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Investitionen sind in den nächsten zehn Jahren erforderlich, wenn Japan seine Ziele erreichen will. Die Resonanz des Finanzsektors auf die Klimaanleihen war gemischt.
So sprach sich die japanische Versicherungsgesellschaft Dai-Ichi Life Insurance Co nachdrücklich für die Anleihen aus und bestätigte, dass sie investiere, um "den Übergang der japanischen Gesellschaft hin zu einer Wachstumswirtschaft ohne Kohlenstoffemission zu fördern".
Andere Unternehmen zeigen sich zurückhaltender. Ein Sprecher vom Vermögensmanager Nikko Asset Management Co sagte der DW, dass sich das Unternehmen nicht zu neuen Anleihen äußern werde, da es sich "noch um ein neues Instrument handelt und unsere verschiedenen Experten es noch analysieren, bevor sie Fragen abschließend beantworten können".
Insgesamt lagen die Verkäufe der Wertpapiere in der letzten Woche leicht unter den Erwartungen, obwohl die Klimaanleihen immer noch besser abschnitten als die Standardstaatsanleihen der japanischen Regierung. "Die Erwartungen vor der Auktion waren zu hoch", meinte Keisuke Tsuruta, Anleihen-Stratege bei Mitsubishi UFJ Morgan Stanley Securities, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Kritiker wollen mehr Klarheit über Standards
Japan hat Mühe, seine Zusagen für die Reduzierung fossiler Brennstoffe zu erfüllen, da die Wirtschaft schwächelt und die Bevölkerung schrumpft. Der Kernkraftsektor wurde durch die Atomkatastrophe in Fukushima 2011 lahmgelegt und hat sich bis heute nicht erholt, so dass das Land gezwungen ist, über 90 Prozent seines Energiebedarfs zu importieren.
Martin Schulz, Chefökonom des japanischen Mischkonzerns Fujitsu, sagte der DW, dass der Haushalt der Regierung bereits "überstrapaziert" sei. "Diese Anleihen sind schon seit einiger Zeit geplant und sollen die Entwicklung erneuerbarer Energien und den Ausbau der Infrastruktur finanzieren, diese Finanzierung aber aus der Bilanz der Regierung heraushalten", sagte er.
Das Programm selbst sei nicht neu, da die Klimaanleihen viele Gemeinsamkeiten mit den bisher von der Regierung verwendeten Infrastrukturbauanleihen hätten, so Schulz. Viele würden sich auch fragen, ob die gelisteten grünen Projekte tatsächlich international anerkannten Standards entsprechen.
"Es ist eine knifflige Angelegenheit, genau zu bestimmen, wofür diese Mittel verwendet werden und ob sie tatsächlich alle 'grün' oder 'erneuerbar' sind", sagte er. "Im Moment sieht das ein bisschen flauschig aus." Kritiker befürchten, dass hier "Greenwashing" betrieben werden könnte. Einige der als förderungswürdig genehmigten Übergangsaktivitäten, so zum Beispiel Hybridfahrzeuge und die Entwicklung von Wasserstoff, könnten eher auf eine Unterstützung der Industrie ausgerichtet sein.
Japans "Meilenstein" als Beispiel für andere
Die Climate Bonds Initiative (CBI), eine in London ansässige Non-Profit-Organisation, die zu Politik und Klimaengagement berät, lobt hingegen die Initiative und bezeichnet sie in einer Erklärung als "globales Beispiel für Best Practice".
Die Organisation hob Japans Verpflichtung hervor, über 55 Prozent der Erlöse für Forschungs- und Entwicklungsinitiativen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs bereitzustellen. Dazu gehören erneuerbare Energien, aber auch Technologien, bei denen Wasserstoff zur Herstellung von Stahl verwendet wird, wodurch Kohlenstoffemissionen aus dem Prozess nahezu eliminiert werden.
"Unternehmen, Städte und Länder müssen Übergangspläne im Einklang mit den globalen Emissionsreduktionszielen erstellen", sagte CBI-Chef Sean Kidney. "Diese Anleihen zeigen deutlich, wie Regierungen und andere Mittel aufbringen können, um in diesen Übergang zu investieren. Dies ist ein bedeutender Meilenstein in der Übergangsfinanzierung."
Der nächste Verkauf von weiteren Staatsanleihen in Wert von fünf Milliarden Euro mit einer Laufzeit von fünf Jahren soll am 27. Februar stattfinden. Im Laufe des nächsten Geschäftsjahres, das am 1. April beginnt, sollen weitere Übergangsanleihen im Wert von acht Milliarden verkauft werden.
Redaktion: Darko Janjevic
Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand