1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kollaps der Silicon Valley Bank schockt Finanzmärkte

Mischa Ehrhardt Frankfurt am Main
13. März 2023

Die Pleite der Silicon Valley Bank in den USA sorgt für Schockwellen an den Finanzmärkten. Zwar hat die US-Regierung entschieden eingegriffen, Sorgen an den Finanzmärkten um mögliche Dominoeffekte aber bleiben.

https://p.dw.com/p/4ObUl
Silicon Valley Bank | Zusammenbruch, Pleite | Santa Clara, Kalifornien | Headquarters
Bild: Noah Berger/AFP/Getty Images

Trotz der Maßnahmen der US-Behörden bleiben nach dem Kollaps von zwei US-Banken Sorgen an den Finanzmärkten bestehen. Am Freitag wurde die auf Startup-Finanzierung spezialisierte Silicon Valley Bank nach einer gescheiterten Kapitalerhöhung geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt. Mit der Signature Bank aus New York haben die US-Aufsichtsbehörden dann ein weiteres Kreditinstitut geschlossen, nachdem Kunden in großem Stil ihre Gelder aus der Bank abgezogen hatten. In beiden Fällen seien die Kundengelder gesichert, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von US-Finanzministerin Janett Yellen, Notenbankchef Jerome Powell und dem Einlagensicherungsfonds FDIC. Auch US-Präsident Joe Biden meldete sich zu Wort. In der TV-Ansprache erklärte er am Montagmorgen (US-Zeit): "Die Amerikaner können sich darauf verlassen, dass das Bankensystem sicher ist." Für die Kosten müssten nicht die Steuerzahler aufkommen, sondern ein Sicherungsfonds, der von den Banken gespeist wird.

Trotzdem hält die Verunsicherung - auch unter Anlegern in Deutschland - an. Nach deutlichen Verlusten am Freitag geht es zu Wochenbeginn an der Börse in Frankfurt weiter bergab. "Die Sorge der Anleger ist, das weitere Banken angesichts steigender Zinsen und Renditen das Handtuch werfen könnten", sagte Christian Henke von IG Markets.

Silicon Valley Bank | Zusammenbruch, Pleite | San Francisco, Hinweis an Tür
Hinweis an einer Tür einer SVB-Filiale in San FranciscoBild: Krystal Hu/REUTERS

"Wer ist noch da draußen?"

Moritz Schularick, Wirtschaftsprofessor an der Universität Bonn und designierter Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft, weist darauf hin, dass "entschlossenes Handeln" der USA das Risiko weiterer Bankenzusammenbrüche verringert hat. "Das US-Finanzministerium und die US-Notenbank haben über das Wochenende etwas auf die Beine gestellt, das die Einleger dieser beiden Banken beruhigen sollte," so Schularick im Interview mit der DW.

Gleichzeitig sollte die Welt aufmerksam auf die bestehenden Probleme des globalen Finanzsektors schauen: "Diese Dinge sind naturgemäß schwer vorherzusagen, und die Wahrheit ist, dass die Probleme, die die Silicon Valley Bank und die Signature Bank zu Fall gebracht haben, nicht auf diese beiden Banken beschränkt sind. Die Frage ist also: Wer ist noch da draußen?" 

Hintergrund ist, dass sich vor allem die Silicon Valley Bank gezwungen sah, Anleihen zu verkaufen. Offenbar wollten einige Startup-Unternehmen Gelder aus der Bank abziehen, weswegen das Institut seine Anleihebestände liquidieren musste. Das Problem: Mit der Zinswende der Notenbanken sind die Renditen gestiegen, die Kurse der Anleihen aber gefallen. Bei einem Verkauf der Anleihen realisieren sich die gefallenen Kurse dann in Form von Verlusten für die Bank. Deswegen hatte die Bank versucht, eine Notkapitalerhöhung durchzuführen, die aber gescheitert ist.

Auch im Bankenviertel in Frankfurt am Main geht die Angst um
Auch im Bankenviertel in Frankfurt am Main geht die Angst umBild: Michael Probst/AP/picture alliance

Die Angst vor einem Bank Run

Auch um mögliche Dominoeffekte zu verhindern, haben die US-Behörden derart entschieden eingegriffen und vor allem betont, dass die Einlagen der Kunden sicher seien. Denn der Albtraum von Banken- und Finanzaufsehern ist ein so genannter Bank Run. Dabei stürmen Kunden quasi die Banken, um ihre Ersparnisse in Sicherheit zu bringen. Wenn das eine große Zahl von Kunden gleichzeitig macht, sind Banken überfordert, weil sie nicht ausreichend Kapital verfügbar haben, um alle Forderungen dann auch zu bedienen. Die Banken würden quasi austrocknen, das gegenseitige Vertrauen schwinden. Die Konsequenzen waren während der Weltfinanzkrise 2008 zu besichtigen, als die Finanzbranche vor einer "Kernschmelze" stand. 

Im Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung rechnet man nach der Schließung der beiden US-Banken jedoch nicht mit einer neuen globalen Finanzkrise. "Das Geschäftsmodell der SVB ist als Start-up-Financier ein sehr spezielles", sagte der Leiter des ZEW-Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft, Friedrich Heinemann. "Insofern rechne ich nicht mit einer Ausweitung in Richtung einer Finanzkrise."

"Keine Auswirkungen auf das deutsche Finanzsystem"

Auch beim Bundesverband deutscher Banken heißt es auf Anfrage, die deutschen Banken seien "robust, stabil und widerstandsfähig". So hätten die deutschen Institute seit der Banken- und Finanzkrise 2008 massiv Kapital aufgestockt. "Durch den Zusammenbruch der Bank gibt es keine Auswirkungen auf das deutsche Bankensystem. Auch die deutsche Einlagensicherung ist nicht gefragt", sagte ein Sprecher des Verbandes.

Anders als die Bankenaufseher der EZB, die zunächst kein Notfalltreffen planten, trat am Montag der Krisenstab der Bundesbank zusammen, um mögliche Auswirkungen für die deutsche Finanzbranche zu erörtern. Die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin verhängte ein Moratorium für die deutsche Zweigniederlassung der Silicon Valley Bank, also ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot. Die Aufsicht betont in ihrer Stellungnahme, das Institut habe "keine systemische Relevanz" und stelle daher auch "keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar". Gemäß des letzten Jahresabschlusses beliefe sich die Bilanzsumme des Institutes auf knapp 790 Millionen Euro, so die Bafin. Zum Vergleich: Die Bilanzsumme der Deutschen Bank belief sich im Jahr 2022 auf 1,3 Billionen Euro.