US-Präsident Donald Trump ist ein Meister der Inszenierung. Bedacht auf den Spannungsmoment kündigte er am Samstagabend lokaler Zeit auf Twitter an: "Gerade ist etwas sehr großes passiert!" Gemeint war der Tod von Abu Bakr al-Bagdadi. Der Anführer der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) starb bei einem Angriff im Nordwesten Syriens. US-Soldaten landeten am Samstag mit mehreren Hubschraubern vor dem Haus, in dem sich al-Bagdadi aufhielt. Der Terrorist floh in einen Tunnel, wo er eine Sprengstoffweste zündete und sich selbst und drei seiner Kinder tötete.
"Die USA haben den Nummer-1-Terroristen der Welt der Gerechtigkeit zugeführt", sagte Trump vor Journalisten im Weißen Haus am Sonntag. "Ich habe drei Jahre lang nach ihm gesucht."
Keine magische Problemlösung
Der Präsident möchte den Tod al-Bagdadis als persönlichen Erfolg darstellen - einen Erfolg im Nahen Osten, den er gerade gut gebrauchen kann. Der Truppenabzug aus dem Norden Syriens, den Trump Anfang des Monats verkündete und auf den eine Militäroffensive der Türkei gegen kurdische Milizen folgte, brachte selbst enge Vertraute aus den Reihen der Republikaner gegen ihn auf. Die Kurden, die in der Region Seite an Seite mit den USA gegen den IS gekämpft haben, fühlten sich betrogen. Und über allem stand die Sorge, ob der Rückzug der USA zu einem Erstarken der Terror-Gruppierungen in Syrien führen würde. Verteidigungsminister Mark Esper sprach vergangene Woche von etwa 100 IS-Kämpfern, die während der Militäroffensive der Türkei in Nordsyrien aus einem Gefängnis entkamen.
Da kommt der Tod eines der meistgesuchten Terroristen gerade recht. Das drei Kinder bei der Aktion ebenfalls ums Leben kamen, ist etwas "unglücklich", aber immerhin: Keine toten Amerikaner! Das scheint die Denkweise in Washington zu sein, wo man den Einsatz als großen Erfolg feiert. Zumindest den militärischen Strategen muss aber klar sein: Al-Bagdadis Ableben wird keines der Probleme lösen, denen sich die USA im Nahen Osten gegenüber sehen.
Donald Trump will möglichst schnell raus aus den "endlosen Kriegen" in der Region. Dabei scheint es ihm egal zu sein, welche engen Verbündeten er dabei vor den Kopf stößt oder gar auf lange Zeit verliert. Ein toter IS-Anführer gleicht nicht die Terroristen aus, die aus Gefangenschaft fliehen konnten. Und er kann das Vertrauen zu den Kurden nicht wiederherstellen, die von den USA alleingelassen wurden und Kameraden oder Familienmitglieder in der Offensive der türkischen Armee verloren.
Wie viel Lob verdient der Präsident?
Abgesehen von den Problemen, die weiterhin bestehen - das US-Militär hat eine Mission erledigt, so wie sie sich der Commander in Chief vorgestellt hat. Trump bedankte sich in seiner Rede am Sonntag bei Russland, der Türkei, Syrien, dem Irak und den kurdischen Kämpfern in Syrien. Aber am meisten brüstete sich der Präsident selbst. Kurz nachdem die Nachricht über den Tod al-Bagdadis publik wurde, schickte Trumps Wiederwahl-Kampagne laut Washington Post eine E-Mail an potenzielle Unterstützer, in der es heißt: "Präsident Trump hat den Nummer-1-Terroristen der Welt der Gerechtigkeit zugeführt."
Als Osama bin Laden 2011 während der Präsidentschaft Barack Obamas von US Navy Seals getötet wurde, beschwerte sich Trump, es sei lächerlich, Obama dafür zu loben. "Hört auf, Obama dafür zu loben, Bin Laden getötet zu haben", schrieb der damalige Reality-TV-Star auf Twitter. "Die Navy Seals haben Bin Laden getötet." Bei mehreren Fernsehauftritten wiederholte Trump damals, Obama brüste sich völlig unverdient mit dem Tod des Terroristenführers.
Nach dem Tod al-Bagdadis ist der Tenor aus dem Weißen Haus jetzt ein anderer.