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Auch eine Art von Terrorismus

4. Januar 2010

Die USA weiten ihre Anti-Terror-Strategie auf den Jemen aus - und tappen damit in eine Falle, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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Peter Philipp (Foto: DW)
DW-Nahost-Experte Peter Philipp

Der vereitelte Angriff auf einen Linienflug bei Detroit könnte weitreichende Folgen haben. US-Präsident Barack Obama hat zwar offiziell nicht vor, nun auch Truppen in den Jemen zu schicken. Er hat aber versprochen, die Drahtzieher des geplanten Flugzeug-Überfalls zu verfolgen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Genau das jedoch ist das Strickmuster, nach dem man in ein ungewolltes Abenteuer hineinschlittern kann: Der Jemen war bisher nicht in der Lage, seine Sicherheit ausreichend zu gewährleisten und terroristischen Gruppen das Handwerk zu legen. Ein paar entschlossene Worte aus dem Weißen Haus dürften daran ebenso wenig etwas ändern wie die Betriebsamkeit, die der britische Premier Gordon Brown nun an den Tag legt. Brown möchte Ende Januar eine internationale Jemen-Konferenz einberufen, auf der Maßnahmen erörtert werden sollen.

Neuer Krisenherd

Ohne direktes Engagement des betroffenen Auslandes wird der Jemen auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, der Aufgabe gerecht zu werden, die sich ihm jetzt stellt. Und es gibt ja bereits ein direktes Engagement zumindest der USA: Sie trainieren schon seit einiger Zeit jemenitische Sicherheitskräfte und dieses Programm soll weiter ausgebaut werden. Sollten diese Ausbilder in Schwierigkeiten geraten, wird es nur ein kleiner Schritt sein zu einem direkten und offenen militärischen Eingreifen.

Trotz aller Beteuerungen in Washington droht den USA und dann wohl auch einigen ihrer Verbündeten am Südende der Arabischen Halbinsel ein neuer Krisenherd. Dem kann man aber kaum entgehen, wenn man nicht völlig darauf verzichten will, terroristische Gruppierungen zu bekämpfen. Dieselbe "Logik", die einst George W. Bush Afghanistan angreifen und Barack Obama den Krieg dort intensivieren ließ, droht - zumindest mittelfristig - auch den Jemen zum internationalen Kriegsschauplatz zu machen.

Instabile Situation im Land

Ein lokaler Kriegsschauplatz war der Jemen bereits vor dieser Entwicklung: Aufständische im Norden und Süden des Landes, Terrorgruppen und unzufriedene Stämme machten den Jemen zusehends unsicher. Die Zentralregierung war immer weniger in der Lage, dem Einhalt zu gebieten. Makaber, dass die internationale Gemeinschaft diese Dinge zwar wusste, aber weitgehend darüber hinweg schaute, solange es nicht selbst davon betroffen war. Der verhinderte Anschlag bei Detroit hat das mit einem Schlag geändert. So wie der 11. September die Haltung gegenüber Afghanistan grundsätzlich veränderte, obwohl auch davor bekannt gewesen war, dass Osama Bin Laden und seine Anhänger am Hindukusch Unterschlupf gefunden hatten.

Der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Peter Struck meinte einst, der demokratische Westen werde am Hindukusch verteidigt. In Deutschland wollen das immer weniger Leute akzeptieren. Aber umgekehrt wird man doch auch nicht bereit sein, eine Gefährdung hinzunehmen, die in Afghanistan, im Jemen oder sonst wo auf der Erde geplant und vorbereitet wird, ohne die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu wollen - egal, wo sie sich verstecken.

Keine überzeugende Alternative

Das mag menschlich ja verständlich sein, politisch und militärisch aber ist es äußerst riskant, wie der bisherige Verlauf des "Kampfes gegen den Terrorismus" gezeigt hat.

Das Schlimmste: Es gibt wahrscheinlich keine überzeugende Alternative, denn Zurückhaltung des Auslandes wird von "Al Qaida" sicher nicht belohnt, sondern als Schwäche interpretiert werden und diese zu neuen Angriffen verleiten. Den Fanatikern kann das nur recht sein: Sie brauchen ein hartes Vorgehen des Auslandes, um damit dessen angeblich antiislamische und antiarabische Ideologie vorzuführen. Und das Ausland tappt geraden Wegs in diese Falle. Selbst wenn es das eigentlich nicht will. Auf subtilere Art als der 11. September und der verhinderte Anschlag bei Detroit, aber trotzdem auch eine Art von Terrorismus.

Autor: Peter Philipp
Redaktion: Anne Allmeling