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Kommentar: Aufruf gießt Öl ins Feuer

Ingo Mannteufel16. April 2014

Die deutsche Politik ist sich einig: Putins Vorgehen gegen die Ukraine ist völkerrechtswidrig. Doch der Aufruf der "Bild"-Zeitung, die Panzer beim Ehrenmal in Berlin zu entfernen, ist unklug, meint Ingo Mannteufel.

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Ingo Mannteufel, Leiter der Abteilung Osteuropa und der Russischen Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Bild: DW

Eine markige Unterschriften-Aktion hat die größte und bedeutendste Boulevard-Zeitung Deutschlands - die "Bild"-Zeitung - am Dienstag (15.04.2014) gestartet: Sie ruft ihre Leser dazu auf, eine Petition an den deutschen Bundestag zu unterstützen, in der gefordert wird, dass die "russischen Panzer am Ehrenmal im Berliner Tiergarten entfernt werden" sollen. Begründet wird dies mit der russischen Politik gegenüber der Ukraine.

Gefährliche Politik Putins

Die Politik Putins, die nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim auf die weitere Destabilisierung der Ukraine zielt, ist fraglos zu verurteilen. Denn mit dieser revanchistischen Politik bricht Russland nicht nur mehrere internationale Verträge, in denen Moskau die territoriale Souveränität der Ukraine anerkannt hat.

Vielmehr stellt Putin durch seine aggressive Außenpolitik die gesamte, seit den 1970er Jahren geschaffene europäische Friedensordnung in Frage. Diese Sichtweise teilt nicht nur die deutsche Bundesregierung, sondern auch eine deutliche Mehrheit der deutschen Politiker.

Aufruf der "Bild" -Zeitung falsch und schädlich

Dennoch ist nicht zu erwarten, dass der Aufruf der "Bild"-Zeitung große politische Unterstützung findet: Denn es ist klar, dass diese Aktion in ihrer aktuellen politischen Wirkung nur kontraproduktiv ist. Die Initiative der größten deutschen Boulevard-Zeitung leistet nicht nur keinen Beitrag für eine Stabilisierung der Lage in der Ukraine und eine politische Lösung der Krise.

Vielmehr gießt sie Öl ins Feuer: In Deutschland bedient sie alte antirussische Ressentiments und in Russland wird sie als willkommenes Geschenk die antiwestliche Kreml-Propaganda beflügeln. Schließlich steht in wenigen Tagen der 9. Mai bevor, wenn in Russland wieder ausgiebig der Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges gefeiert wird. Solche schädlichen und falschen Initiativen wie die der "Bild"-Zeitung werden in den russischen Staatsmedien mit großer Begeisterung instrumentalisiert, um den vom Kreml propagierten Einkreisungsmythos nur weiter zu verstärken. Anstatt der russischen Bevölkerung die auch für sie gefährlichen Folgen der aggressiven revanchistischen Politik Putins näher zu bringen, bestätigen solche plumpen Initiativen die Sichtweisen des Kremls über den angeblich so feindlichen Westen.

Die Unterschriften-Aktion der "Bild"-Zeitung ist damit ein trauriger Beleg dafür, wie schnell auch in Deutschland längst überholt geglaubte Ressentiments wieder zum Leben erweckt werden können und wie in einer der größten Krisen Europas der vergangenen Jahrzehnte leichtfertig unverantwortlicher Journalismus betrieben wird.