Die Verhandlungen Großbritanniens mit der EU über den Brexit stecken in einer Sackgasse. Das sagt nicht irgendwer, sondern Theresa May, die britische Premierministerin. In einem Schreiben an ihre eigene schwer gespaltene konservative Partei räumt sie ein, dass sie eigentlich weder vor noch zurück kann. Sie ist von roten Linien umzingelt, die sie nicht überschreiten darf. Der Brexit darf nicht zu weich, zu hart oder gar ganz ohne Abkommen sein, damit die verschiedenen Parteiflügel und am Ende natürlich auch die Europäische Union zustimmen können.
Mays jüngster Vorschlag, eine Art Freihandelszonen nur für Waren mit der EU auszuhandeln, stößt bei derselben auf Ablehnung. Nur elf Prozent der Briten finden den Plan laut Umfragen gut. In dieser Woche soll in Brüssel erneut verhandelt werden. Die Beamten um EU-Chef-Unterhändler Michel Barnier und um Brexit-Minister Dominic Raab fragen sich allerdings, worüber soll eigentlich verhandelt werden?
Weder für die Handelsfragen noch für die Grenze zwischen Nordirland und Irland gibt es praktikable Vorschläge. Die britische Regierung möchte deshalb nur eine wachsweiche Erklärung über das künftige Verhältnis zur EU. Die EU besteht aber auf einem konkreten Austrittsvertrag, der zumindest die wesentlichen Fragen, wie Geld, Grenzen und Bürgerrechte abschließend regelt. Klar ist nur, dass die Zeit davonrennt. Bis Ende Oktober soll der Brexit-Vertrag stehen. Das wird eng.
Brexit birgt keine Vorteile
Die bisherige britische Verhandlungsmethode, sich tot zu stellen und erst im allerletzten Augenblick substanziell und konkret zu werden, wird diesmal nicht zum Ziel führen. Der Versuch Mays mit Charmeoffensiven in Paris und Berlin die EU zu spalten, schlug fehl. Die Position der Briten ist schwach und wird immer schwächer. Die EU hat wesentlich weniger zu verlieren als Großbritannien. Auf den britischen Inseln schürt die schwer bedrängte Premierministerin Panik. Sie lässt Lebensmittel und Medikamente für "global Britain" horten und strickt vorsorglich schon einmal an der Legende, die EU sei an allem Schuld, weil nicht flexibel genug.
Das Grundproblem ist, dass der durch eine verlogene Kampagne errungene Brexit für Großbritannien so gut wie keine Vorteile hat. Weder beim Handel noch bei der Migration. Im Gegenteil, britische Arbeitgeber klagen jetzt schon, dass zu wenige EU-Ausländer in Großbritannien arbeiten wollen. Es herrscht gottlob Vollbeschäftigung. Polnische Zimmermädchen oder deutsche Ärzte wären willkommen. Der Brexit schreckt sie ab.
Opposition? Fehlanzeige
Fast schon verzweifelt kämpfen die "Remainer" für ein zweites Referendum, um den Brexit aufzuhalten. Das wird es nicht geben, zumindest nicht mit Premierministerin Theresa May, die das kategorisch ausschließt. Ob sich die Regierungschefin trotz allen internen Streits in ihrer Partei über den Herbst hinaus halten kann, ist fraglich. Allerdings will den fast unmöglichen Job auch niemand wirklich haben.
Der Brexit-Vorkämpfer und Polit-Clown Boris Johnson hat sich aus dem Staub gemacht. Der Oppositionsführer Jeremy Corbyn nutzt die Gunst der Stunde nicht. Seine Labour-Party fällt hinter die Konservativen zurück, weil der sture Palästinenser-Freund Corbyn sich in einen Skandal um angebliche Sympathie mit palästinensischen Terroristen verstrickt hat. Der radikale Sozialist Corbyn hat ohnehin noch kein eigenes Brexit-Konzept vorgelegt. Er stellt keine wirkliche Alternative zu Theresa May dar.
Was nun? Großbritannien taumelt weiter mehr oder weniger besinnungslos auf das Brexit-Datum zu. Ohne Konzept, ohne Ziel. Im Moment gibt es nur wenig Hoffnung, das irgendjemand noch die Notbremse zieht und den unseligen Brexit zumindest verschiebt.