Natürlich ist es ein großartiger Deal. Das ist ja wohl das Mindeste, was man vom selbsternannten größten Dealmaker aller Zeiten erwarten kann. "Wir haben es viel einfacher gemacht und viel besser, für beide Länder", so formulierte es US-Präsident Donald Trump, als er den Durchbruch für einen neuen Handelsvertrag mit Mexiko bekanntgab. Ist ja auch klar, dass dieser Deal ein besserer ist, denn das alte Abkommen namens Nafta war nach Ansicht Trumps "eine Katastrophe", der "schlechteste Deal, der jemals gemacht wurde". Gut, das waren aus Trump-Sicht eigentlich alle anderen Abkommen auch, die nicht seine Unterschrift trugen - aber geschenkt.
Höhere Löhne für Mexikaner?
Soweit das Gepolter. Schauen wir auf die Fakten. Und da fällt zuallererst die positive Reaktion der Finanzmärkte ins Auge. Denn nichts hält man dort für kontraproduktiver als eine Behinderung des weltweiten Handels. Wenn Wertschöpfungsketten durchbrochen werden, schafft das immer Unsicherheit für Investoren. Das kann man als Anleger also gar nicht gebrauchen. Insofern war eine deutliche Erleichterung zu vernehmen. Haben wir also in der Nacht zum Dienstag die bessere Seite von Donald Trump erlebt, dass er nämlich tatsächlich um konstruktive Ergebnisse bemüht ist? Erhöht das die Chancen für weitere Vereinbarungen mit Ländern, mit denen der Mann aus Washington im Clinch liegt? China zum Beispiel oder die Europäische Union?
Weil Donald Trump ja Autos aus dem Ausland in besonderer Weise im Visier hat, da sie womöglich die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährden, lohnt sich ein Blick auf die bislang bekannten gewordenen Details des US-mexikanischen Handelsabkommens, wie Trump die Vereinbarung nannte. Einer der Vorwürfe auch an die US-Autobauer war ja der, dass sie wegen niedriger Lohnkosten ihre Produktion nach Mexiko verlagert hätten. Dem dürfte keiner widersprechen. Und daher profitiert nun sogar der mexikanische Arbeiter von dem Deal: Denn knapp 45 Prozent der Teile eines Autos, das in das jeweils andere Land exportiert wird, sollen zu Stundenlöhnen von mindestens 16 Dollar gefertigt werden. Für US-Standorte kein Thema, hier liegt der durchschnittliche Stundenlohn bei über 22 Dollar. In Mexiko hingegen beträgt der Stundenlohn eines Industriearbeiters ungefähr 2,30 Dollar.
Kanadier müssen mit ins Boot
Das kann nun verschiedene Konsequenzen haben: Entweder lässt man diverse Vorprodukte in Ländern mit höheren Löhnen fertigen und dann in Mexiko zusammenbauen. Oder man fertigt direkt in den USA. Oder man setzt in Mexiko drastische Lohnsteigerungen durch. "Wir haben es einfacher gemacht", hatte Trump gesagt. Wenn das einfach ist, was ist dann kompliziert? Zum Beispiel ein anderer Aspekt des Deals: Künftig soll der regionale Wertschöpfungsanteil im Autobau bei 75 Prozent liegen. Bislang liegt er bei 62 Prozent. Da werden auch die Köpfe bei den deutschen Herstellern rauchen, wie das alles hinzukriegen ist. VW und Audi haben schon Fabriken in Mexiko, die auch in die USA liefern, BMW will im kommenden Jahr nachziehen.
Was noch ins Auge sticht - und nichts mit Autos zu tun hat: Zölle auf landwirtschaftliche Produkte soll es künftig beiderseits nicht mehr geben. Und Mexiko verpflichtet sich, künftig im Agrarbereich internationale Standards im Arbeitsrecht einzuhalten. Auch das dürfte freilich zu höheren Löhnen bei Amerikas südlichem Nachbarn führen. Der Plan ist raffiniert, weil er a) entweder Mexiko als Standort weniger attraktiv macht (wegen der höheren Lohnkosten) oder aber b) wirklich zu höheren Löhnen und mehr Wohlstand führt, was zu einem Rückgang der Arbeitsmigration in die USA führen könnte.
Trump - der Retter des Freihandels?
Gut, das alles ist noch nicht in trockenen Tüchern. Denn zunächst sollten nach Möglichkeit ja noch die Kanadier mit ins Boot geholt werden, damit die nordamerikanische Freihandelszone (Ex-Nafta) weiter bestehen kann. Aus dem Weißen Haus heißt es optimistisch, auch da könne bis Ende der Woche ein Deal stehen. Klappt das nicht, dürfte es auch mit dem Mexiko-Abkommen schwierig werden. Denn für ein bilaterales Abkommen hat der Präsident im Moment gar kein Mandat.
Aber das alles mal beiseite gelassen, so scheint doch auf den ersten Blick die Gefahr eines großen Handelskrieges vorerst gebannt. Mit den Europäern verhandelt Trumps Truppe ja auch gerade darüber, wie man den bestehenden Konflikt entschärfen kann, und auch mit den Chinesen scheint der Gesprächsfaden noch nicht abgerissen. Für Gespräche mit Peking "sei noch nicht die Zeit, aber die werde kommen", so Trump.
Man soll ja den Tag nicht vor dem Abend loben. Aber für den weltweiten Handel waren die Aussichten vor ein paar Monaten deutlich düsterer. Dass die Perspektiven nun wieder besser sind, daran hat Donald Trump durchaus einen Anteil. Wer hätte das gedacht?