Jürgen Klopp ist ein guter Trainer. Zum Fanliebling in Mainz, Dortmund oder Liverpool wurde er aber nicht nur durch seine Erfolge, sondern durch seine Bodenhaftung, Authentizität und klaren Worte. Klopp hat schon oft das ausgesprochen, was viele Fußballanhänger denken. So auch jetzt: "Ich dachte eigentlich immer, Financial Fairplay wäre dafür erfunden worden, dass so etwas nicht geht, aber offensichtlich ist Financial Fairplay mehr so ein Vorschlag als eine wirkliche Regel", sagte der Teammanager des FC Liverpool am Rande des Audi Cups der ARD.
Klopp hat mit seiner spontanen Antwort auf dem Rasen der Münchener Allianz-Arena mal wieder den Nerv getroffen. Nicht nur der Liverpooler Fußballlehrer, sondern Millionen Fußballfans fragen sich angesichts der schwindelerregenden Dimension des Neymar-Transfers: Hält sich der Fußball an seine eigenen Regeln? Die Antwort lautet: leider nein.
Das Potemkinsche Dorf der UEFA
Das Financial Fairplay ist nur noch eine Worthülse. Ein leeres Versprechen. Ein wohlgemeinter Versuch, die Turbokapitalisierung des Profifußballs in halbwegs vertretbaren Bahnen zu halten. Unterlaufen wird die Regel schon lange, eigentlich bereits von Anfang an. Mit den 222 Millionen Euro, die Paris Saint-Germain an den FC Barcelona überweisen muss, ist dieser Versuch endgültig krachend gescheitert. Oder anders ausgedrückt: Financial Fairplay ist als Potemkinsches Dorf entlarvt.
2009 beschlossen und 2013 eingeführt, soll das finanzielle Fairplay "die finanzielle Gesundheit des europäischen Klubfußballs verbessern", heißt es blumig auf der UEFA-Webseite. Kern der Regel ist, dass die Klubs innerhalb von drei Jahren pro Bewertungszeitraum maximal fünf Millionen Euro mehr ausgeben dürfen, als sie einnehmen. In Ausnahmefällen werden auch 30 Millionen Euro Defizit genehmigt. 222 Millionen (insgesamt sollen es mit Ablösesumme, Bonuszahlungen, Gehalt und Provisionen sogar 500 Millionen Euro sein) wird und kann Paris niemals ausgleichen, zumal in der aktuellen Transferbilanz ohne Neymar gerade einmal ein Plus von einer Million Euro steht. Wenn der spanische Liga-Präsident Javier Tebas, der den Transfer bis zuletzt blockieren wollte, erzürnt von "Finanz-Doping" spricht, hat er recht: Die Millionen, die die katarischen Klubeigner in ihr Spielzeug Paris Saint-Germain pumpen, gefährden den Wettbewerb und schaden dem Fußball.
Die Fans haben einen Hebel
Natürlich ist Paris längst nicht allein, viele andere europäische Fußballschwergewichte scheren sich ebenso wenig um das Financial Fairplay. Zu verlockend ist die Perspektive, mit den ganz großen Stars nicht nur sportlichen Erfolg, sondern auch Reichweite bei den Fans und Marketing-Perspektiven zu kaufen. Eigentlich würden Transfer-Defizite wie im Fall von Neymar Strafen nach sich ziehen: Die UEFA sieht für Verstöße Sanktionen bis zum Ausschluss von Wettbewerben sowie den Widerruf von Titeln oder Auszeichnungen vor. Das Problem dabei: Diese Sanktionen werden nicht verhängt. So bleibt das Financial Fairplay ein zahnloser Tiger - vielleicht auch, weil es die UEFA in Wahrheit nie anders wollte. Neymar wird sicher nicht lange der Rekordtransfer bleiben. Der Wechsel des 18-jährigen Juwels Kylian Mbappé wird wohl in ähnliche Dimensionen vorstoßen.
Die Fans, die all dies mit ihren Pay-TV-Rechnungen, Eintrittskarten, Trikots, Schals oder sogar Klub-Aktien maßgeblich mitfinanzieren, müssen nun aufstehen. Protest hat sich längst geregt, er muss jetzt aber lauter werden. Es ist Zeit für eine Fußball-Revolution. Die Vereine werden versuchen, sich die astronomischen Transfergebühren und Gehälter von ihren Anhängern wiederzuholen. Genau an dieser Stelle müssen die Fans zeigen, dass sie dazu nicht länger bereit sind. Die Grenze ist überschritten. Fußball verkommt zur reinen Kommerz-Veranstaltung. Wer dabei noch mitspielt, ist selbst schuld.
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