Der richtige Ort, die richtige Bühne
5. Juni 2014Dieser Tag, dieser Ort und diese Bühne waren perfekt gewählt.
Es war der Tag, der an die halbfreien Wahlen am 4. Juni 1989 und an den Erdrutschsieg der damaligen Bürgerbewegung "Solidarność" um den Gewerkschaftsführer Lech Walesa erinnerte. An den friedlichen Sieg an der Wahlurne, aus dem die erste nicht-kommunistische Regierung der Nachkriegszeit in diesem Teil Europas hervorging. Die Wahl brachte einen Prozess in Gang, der mit dem Sturz des Kommunismus endete.
Es war Warschau, eine Stadt, die sich mehrmals den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts tapfer widersetzte. Noch vor 25 Jahren trist und marode: Heute ist Warschau eine blühende, europäische Stadt, die von der Kraft der Demokratie und Marktwirtschaft zeugt.
Und das war die Bühne: Fast 50 Spitzenvertreter der freien Welt - Monarchen, Präsidenten, Regierungschefs, Außenminister. Eine perfekte Kulisse für eine Grundsatzrede.
Unmissverständliche Botschaft
Barack Obama hat sie genutzt. Wie einst seine Vorgänger John F. Kennedy und Ronald Reagan in dem ehemaligen Frontstaat Deutschland lieferte Obama jetzt eine fulminante, geradezu historische Rede. Er spannte einen Bogen von der historischen Rolle Polens als Wegbereiter der europäischen Freiheit zur gegenwärtigen Situation im Osten des Kontinents. Und überbrachte eine unmissverständliche Botschaft: Amerika wird die Bündnispartner in Europa, die sich um ihre Sicherheit sorgen, nicht alleine lassen und sie vor Russland schützen. Obamas Worte lauteten: "Ihr werdet niemals allein sein." Sie richteten sich nicht nur an die Polen, sondern gleichsam an die Balten, Rumänen und Bulgaren. Mehr noch: "Wir werden die Annexion der Krim niemals akzeptierten." Das bedeutet: Schluss mit imperialen Streben und Einflusszonen.
Obamas Amerika, bisher eher dem pazifischen Raum zugewandt, ist als Schutzmacht europäischer Demokratie und Freiheit zurückgekehrt. Denn, so Obama, "es gibt keine Freiheit ohne Solidarität". Ein meisterhafter Schluss für eine Rede in der Heimat von "Solidarnosc". Für eine Rede, die Obamas Anspruch als Sprecher der freien Welt unter Beweis stellte. Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und auf der richtigen Bühne