1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutsche Bank - Durchatmen im Marathonlauf

Boehme Henrik Kommentarbild App
Henrik Böhme
27. Oktober 2016

Nach vielen Hiobsbotschaften endlich mal eine gute Nachricht von der Deutschen Bank. Sie hat im dritten Quartal einen kleinen Gewinn gemacht. Mehr als eine Atempause ist das nicht, meint Henrik Böhme.

https://p.dw.com/p/2Rlln
Logo Deutsche Bank Jahresbilanz Jahreszahlen Flaggen
Bild: picture-alliance/dpa/A.Dedert

Ein großer, traditionsreicher Fußballverein steckt mitten im Abstiegskampf. Da gelingt ein überraschender Sieg. Der Trainer stellt sich vor die Kameras und spricht vom "Momentum", mehr sei das nicht. Keine Trendwende. Aber man könne Selbstvertrauen tanken und weiterkämpfen.

Ähnlich geht es derzeit einer großen Bank. Die Deutsche Bank, noch immer Deutschlands Nummer Eins, auch sie steckt im Abstiegskampf. Champions League spielen die Frankfurter schon lange nicht mehr, in der Top-100-Weltliga steht man im unteren Tabellendrittel irgendwo zwischen unbekannten Teams aus Malaysia und Brasilien. Von einstiger Größe ist man weit entfernt, von den einst hehren Ansprüchen sowieso.

Boehme Henrik Kommentarbild App
Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Wohin geht die Reise?

Im Sommer des vergangenen Jahres wurde der amtierende Cheftrainer gefeuert und ein neuer Mann geholt. Seither kämpft der Mann, John Cryan mit Namen, verzweifelt mit den Altlasten der Vergangenheit. Eine Menge Spieler in seinem Team hat er schon ausgetauscht. Nur, und das ist ein echtes Manko: Einen wirklich neuen Matchplan hat er noch nicht. Wo will er hin mit seinem Team? Was sind die Ziele? Welche Geschäftsbereiche nimmt er mit auf die Reise, welchen Ballast wirft man besser ab?

All diese Fragen sind ungeklärt. Aber immer wieder holen die Sünden der Vergangenheit die Bank ein. Zwischendrin stürzt der Aktienkurs der Bank (der mal bei über 100 Euro stand) auf unter 10 Euro ab. Anleger und Investoren wenden sich in Scharen ab, Milliarden an Geldern werden abgezogen. Der letzte Rest Vertrauen - dahin. 

Kein Befreiungsschlag

Dann ein neuer Spieltag: Im Finanzkalender steht die Veröffentlichung der Zahlen für das 3. Quartal. Der Vorab-Formcheck der Analysten: Düster, die Zahlen tiefrot. Und dann plötzlich das: Die Bank meldet einen Vorsteuergewinn von 619 Millionen Euro, nach Steuern bleiben immerhin noch 278 Millionen in der Kasse. Cheftrainer Cryan spricht von der Stärke des Geschäfts und seines Teams. Von einem Befreiungsschlag spricht er lieber nicht, denn davon, das weiß der Mann, ist man weit entfernt.

Aber klar: Vor ziemlich genau einem Jahr musste er den absoluten Rekordverlust vermelden: Sechs Milliarden in einem einzigen Quartal. Sowas reicht für einen Eintrag in die Wirtschafts-Geschichtsbücher. Da darf man sich über ein Plus von 278 Millionen schon mal kurz freuen, auch wenn eine so bescheidene Summe bei den Peanuts-Deutschbankern von einst eher ein müdes Lächeln hervorrufen dürfte.

Allerdings zeigt ein genauerer Blick in den Spielbericht (pardon: Geschäftsbericht) die vielen Baustellen der Bank auf. Die größte ist die Strafandrohung des US-Justizministeriums, hier stehen immerhin 14 Milliarden Dollar im Raum. Cryan und seine Juristen versuchen das herunterzuhandeln, doch vor den US-Präsidentschaftswahlen wird sich da wohl kaum noch was bewegen. Danach droht Stillstand in Washington - für die Bank ein Desaster. Solange nicht klar ist, was die Sache wirklich kosten wird, solange wird sich John Cryan schwer tun, eine neue Strategie für das Geldhaus zu präsentieren.

Vorräte gehen zur Neige    

Aber das genau ist die Zwickmühle für die Bank: Scheinen die juristischen Altlasten noch beherrschbar, so klagen einflussreiche Großaktionäre schon länger, dass die Deutsche Bank anders als viele andere internationalen Großbanken noch immer kein nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt hat. Auch kann es nicht wirklich beruhigen, wenn die Bank zwar noch immer mit 200 Milliarden Euro flüssig ist, aber dieser Batzen zuletzt um 23 Milliarden abgeschmolzen ist.

"Vertrauen ist der Anfang von allem." Das war mal der Werbeslogan der Deutschen Bank. Wenn nun der Chef ausgerechnet dieser Bank einräumen muss, dass der Ruf von Deutschlands größtem Geldhaus bei Anlegern und Kunden  massiv gelitten hat, dann ist dies ein Alarmsignal. Für den Trainer Cryan und sein Team kann es nach dem lichten Moment im Abstiegskampf jetzt nur heißen: Mund abputzen, weiter kämpfen. Es wird Zeit für einen echten Matchplan!    

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!