Kommentar: Deutschland stärkt Europa
30. Juni 2012Die deutsche Politik hat hart gerungen - und klar entschieden: Für den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM und für den Fiskalpakt, der die Unterzeichnerstaaten zu Haushaltsdisziplin verpflichtet. Und das wenige Stunden, nachdem die Staats- und Regierungschefs in Brüssel schon wieder die nächsten Schritte im Kampf um den Euro in Abgriff genommen hatten. Mit ihnen wird sich das Parlament demnächst zu befassen haben. Die Arbeit geht ihm so schnell nicht aus.
ESM und Fiskalpakt, die Euro-Staaten in Not helfen und künftigen Schuldenkrisen vorbeugen sollen, wurden von den Volksvertretern im Bundestag und von den Vertretern der Bundesländer im Bundesrat jeweils mit Zweidrittelmehrheit gebilligt. Beim Fiskalpakt war dies notwendig, denn er ändert die Geschäftsgrundlage, auf der Deutschland einst – ebenfalls mit Zweidrittelmehrheiten – der Wirtschafts- und Währungsunion zugestimmt und damit Hoheitsrechte an Europa abgetreten hatte. Beim ESM hielt man das eigentlich nicht für nötig, aber die Zweidrittelmehrheit erspart es dem Bundesverfassungsgericht, zu prüfen, ob nicht doch nationale Hoheitsrechte berührt sind.
Das höchste Gericht muss trotzdem tätig werden, um mehrere schon vor der Abstimmung vorbereitete Klagen gegen ESM und Fiskalvertrag zu prüfen. Die Karlsruher Richter des Zweiten Senats legen nun übers Wochenende Sonderschichten ein, damit sie dem Bundespräsidenten so schnell wie möglich signalisieren können, ob er den ESM-Vertrag aus ihrer Sicht ratifizieren kann. Erst dann kann der Europäische Stabilitäts-Mechanismus seine Arbeit aufnehmen. Anschließend wird sich das Gericht mit dem Fiskalpakt befassen, der 2013 in Kraft treten sollen.
Man kann nur die Daumen drücken, dass der Parlamentsbeschluss vom Freitag abend vor dem Verfassungsgericht Bestand hat. Denn er stärkt Europa. Hoffentlich ist es kein verbotenes Doping.