Der Blick zurück lohnt. Am letzten Spieltag vor der Winterpause 2015/2016 war die Vorentscheidung im Titelrennen eigentlich schon gefallen. Der FC Bayern führte mit acht Punkten Vorsprung auf Borussia Dortmund, zum Dritten Hertha BSC klaffte bereits ein Loch von 14 Punkten. Langeweile war vorprogrammiert, zumindest was die Entscheidung über die Meisterschaft betraf. Und jetzt? Die Bayern haben einen neuen Konkurrenten gefunden. RB Leipzig hat die Liga monatelang gerockt und bleibt trotz der deutlichen 0:3-Niederlage in München auf Schlagdistanz zum Titelverteidiger.
Der Aufsteiger, den viele selbsternannte Traditionalisten schon verdammt hatten, bevor der Ball einmal gerollt war, hat sich mit seinem Hochgeschwindigkeitsfußball als eine absolute Bereicherung entpuppt. Hut ab vor Trainer Ralph Hasenhüttl und Sportchef Ralf Rangnick! Ihr Konzept geht bisher voll auf.
Die Unschlagbaren
Auch hinter den beiden Top-Teams bleibt es extrem spannend, weil einige Mannschaften nicht, wie früher, nur von Zeit zu Zeit über sich hinauswachsen, sondern jetzt überraschend konstant auf hohem Niveau spielen. Das gilt für 1899 Hoffenheim ebenso wie für Hertha BSC, Eintracht Frankfurt oder auch den 1. FC Köln. Besonders auffällig ist der Leistungssprung der Hoffenheimer und Frankfurter. Unter dem erst 29 Jahre alten Trainer Julian Nagelsmann ist die TSG regelrecht aufgeblüht und erinnert an ihre besten Zeiten nach dem Bundesliga-Aufstieg 2008, damals noch unter dem Coach Rangnick. Mit keinem Geringeren als Real Madrid teilt sich der Tabellendritte die Ehre, als einzige Teams in Europas Top-Ligen noch ungeschlagen zu sein. Chapeau!
Ein großes Lob auch an die Frankfurter Eintracht, die sich unter Trainer Niko Kovac nach dem Fast-Abstieg in der letzten Saison zu einem heißen Kandidaten für einen Europapokal-Startplatz gemausert hat.
Wechselhafte Auftritte
Für alle Überraschungsteams gilt: Sie trauen sich etwas zu - endlich, möchte man hinzufügen. Dabei profitieren sie allerdings auch davon, dass die im Vorfeld als Top-Mannschaften gehandelten Bundesligisten schwächeln. Der FC Bayern ist unter dem neuen Coach Carlo Ancelotti bei weitem nicht mehr so überlegen wie noch unter Pep Guardiola. Borussia Dortmund hat einen großen Teil des Schwungs aus der Vorsaison eingebüßt und gerät, sehr zum Ärger von BVB-Trainer Thomas Tuchel, fast schon regelmäßig in Rückstand, ehe das Team aufwacht - wenn überhaupt. Gemessen am Potential und den eigenen Ansprüchen spielen auch Bayer 04 Leverkusen und der FC Schalke 04 bisher eine enttäuschende Saison. Ganz zu schweigen von Borussia Mönchengladbach: Die Mannschaft ist regelrecht abgestürzt, die Entlassung von Trainer André Schubert zur Winterpause kam alles andere als überraschend.
Und auch beim VfL Wolfsburg können die beiden Siege zum Jahresabschluss nicht darüber hinwegtäuschen, dass die "Wölfe" zu Eichhörnchen mutiert sind, die mühsam die spärlichen Punkte horten. Es scheint fast, als wäre das große Geld in der Vereinskasse nicht zwangsläufig ein Erfolgsgarant. Das freut die Fans, steigert die Spannung und kommt damit der Bundesliga insgesamt zugute.
Prognose fällt schwer
Auch im Tabellenkeller steht uns eine heiße erste Jahreshälfte 2017 bevor. Die Teams auf den hinteren Rängen wie der Hamburger SV, der FC Ingolstadt oder auch Darmstadt 98 haben sich noch längst nicht aufgegeben, sondern zuletzt deutliche (Über-)Lebenszeichen gegeben. Eine Prognose, wer am Ende in den sauren Apfel Abstieg beißen muss, fällt schwer. Mit anderen Worten: Die Bundesliga steckt zum Jahreswechsel 2016/17 voller Überraschungen, oben wie unten. Sie lebt. Wie schön!
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