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Können und Wollen

Bernd Riegert, zurzeit Vilnius7. Februar 2008

Die Frage nach mehr NATO-Truppen für Afghanistan ist immer noch nicht beantwortet. Lange wird die Bundesregierung die anderen Staaten nicht hinhalten können, meint Bernd Riegert.

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Themenbild Kommentar (Quelle: DW)
Bild: DW

Es war das übliche Spiel: Fast vor jedem wichtigen Treffen der NATO drängen die USA und andere Staaten, die im Süden und Osten Afghanistans in Kämpfe verwickelt sind, dass andere NATO-Staaten mehr Truppen schicken. Die deutsche Regierung lehnt es dann regelmäßig ab, deutsche Einheiten in den umkämpften Süden zu senden. Die Wellen schlagen vor dem Treffen hoch. Während des Treffens ist dann alles halb so schlimm oder nicht so gemeint gewesen. So war es auch diesmal.

Die mühsame Suche geht weiter

Bernd Riegert (Quelle: DW)


Beim Verteidigungsministertreffen in Vilnius waren sich alle wieder einig, dass die NATO als Ganzes mehr tun muss, um der Aufgabe in Afghanistan gerecht zu werden. US-Verteidigungsminister Robert Gates sprach davon, die bösen Medien hätten alles übertrieben. Er habe nur einen höflichen Brief an alle Ministerkollegen geschrieben, nicht nur an den deutschen Verteidigungsminister. Der Pentagon-Chef hatte plötzlich Verständnis für die schwierige Lage von Koalitionsregierungen, wie der aus Konservativen und Sozialdemokraten in Berlin. Auch wenn die Stimmung wieder entspannt sein sollte, das Problem bleibt. Die NATO hat immer noch keine zusätzlichen Truppen für Afghanistan, die die Kommandeure vor Ort verlangen. Die mühsame Suche nach willigen Truppenstellern wird weitergehen.

Der politische Wille fehle

Für Verwunderung sorgte der deutsche Minister Franz Josef Jung, als er berichtete, die Lücke von mehreren tausend Soldaten werde von Frankreich, Polen und Rumänien geschlossen werden. Das hatte außer ihm niemand gehört. Eine peinliche Fehldeutung des Ministers. Vilnius hat einmal mehr vorgeführt, was der dänische Verteidigungsminister so umschrieben hat: Wenn wir wollten, könnten wir. Die NATO-Staaten haben die notwendigen Mittel, nur der politische Wille fehlt.

'Warum wir und nicht auch ihr'

Auch in Deutschland ist dringend eine Diskussion nötig, ob man bereit ist, mehr deutsche Soldaten am Hindukusch in lebensgefährliche Kampfeinsätze zu schicken. Lange wird es die Bundesregierung ihren Verbündeten nicht mehr erklären können, warum sich die Deutschen bei wirklich gefährlichen Kampfeinsätzen vornehm zurück halten. Andere Nationen wie Italien und Spanien tun zwar dasselbe, aber auch sie stehen in der Kritik. Niederländer und Kanadier fragen nicht zu Unrecht, 'warum wir und nicht auch ihr'.

Die NATO steht trotzdem nicht vor einer Spaltung oder gar einem Zerfall. Denn eins ist trotz allen Streits um die Lastenverteilung klar. Ein Scheitern kommt in Afghanistan nicht in Frage. Noch einen gescheiterten Staat kann sich die internationale Gemeinschaft in der sensiblen Region nicht leisten. Darauf hätten Taliban, El Kaida und Co. nur gewartet, die in Afghanistan zu lange eine Basis hatten.