Dieser Tage in Berlin: Eine abendliche Diskussionsrunde zum Thema Energiewende. Es treten auf: Ein früherer Umweltminister von der CDU, ein Vertreter der Wirtschaft, eine Umweltschützerin. Sie sprechen über Windräder und den Widerstand dagegen, über zu viele Kohlekraftwerke und die Treibhausgase, die sie ausstoßen.
Nur ab und an kommt die Rede auf die Kernenergie. Es klingt dann so, als bemühe man mal kurz die Vergangenheit, um für die Zukunft zu lernen. Keiner redet der Atomkraft mehr das Wort. Noch acht Kernkraftwerke sind in Deutschland am Netz, es waren einmal fast 20. In sechs Jahren werden auch die acht Verbliebenen abgeschaltet. Keine Kontroverse mehr im Bundestag, keine große gesellschaftliche Debatte. Es geht fast unter, dass sich dieser Tage eine Kommission damit befasst, wer die Milliarden zahlen muss, die der Rückbau der Atomkraftwerke kosten wird. Nur die Industrie? Oder am Ende doch der Steuerzahler? Eine Debatte für Insider.
Eine Entscheidung der Kanzlerin
Das alles war vor fünf Jahren noch ganz anders. In einer atemberaubenden Rolle rückwärts verkündete Angela Merkel nach Fukushima das Aus für die deutsche Atomkraft, nachdem sie die Laufzeiten der Reaktoren noch kurz zuvor verlängert hatte. Die CDU wurde nicht gefragt, bis heute ist das Grollen darüber in der Partei zu hören, wenn auch sehr leise. Die CDU erlebte einen Vorgeschmack darauf, was passiert, wenn Merkel die Zeit für klare Ansagen für gekommen hält. Heute ist das in Flüchtlingspolitik der Fall.
Seit Fukushima nimmt die Energiewende (die es vorher schon gab) Fahrt auf, zuletzt kam schon ein Drittel des deutschen Stroms aus erneubaren Quellen. Stromtrassen werden quer durchs Land geschlagen, um Windstrom aus dem Norden in den industriereichen Süden zu bringen. Die Förderung von Wind-und Sonnenstrom verteuert den Strom, es gibt Bürgerzorn darüber. Aber nicht so stark, dass das Projekt insgesamt gefährdet wäre. Manch ein Pessimist redet ab und an von drohenden Versorgungslücken. Tatsache ist, dass kein Land auf der Welt so sicher mit Strom versorgt wird wie Deutschland. Alles gut. Wir schaffen das. Ohne Aufregung, ohne schwere ideologische Verwerfungen wie früher.
Im Ausland kommt das ganz anders an. Fukushima wurde in vielen Ländern in erster Linie als Naturkatastrophe wahrgenommen. Japan selbst ist nach einer Pause zu Kernenergie zurückgekehrt. Frankreich und die USA haben nie darüber nachgedacht, auszusteigen. Von allen Ländern, die über Atomkraftwerke verfügen, hat nur Deutschland so drastische Konsequenzen gezogen.
Energiewende mit deutscher Gründlichkeit
Typisch Deutsch, German Angst eben, aber auch deutsche Gründlichkeit spielt da eine Rolle. Wenn schon, denn schon. Das eher sonnenarme Land investiert in Solaranlagen wie kaum ein anderes. Ihr meint es wirklich ernst, oder? Das fragte mich ein Energie-Professor aus Texas noch im April vergangenen Jahres. Aber da war durchaus auch Bewunderung dabei für die Deutschen. Klaus Töpfer, gewissermaßen der Doyen der deutschen Umweltpolitik, hat es gerade erst so formuliert: Meistens sagen sie im Ausland: "Die spinnen, die Deutschen. Aber wenn es jemand schafft, dann die."
Und so bastelt Deutschland emsig am Umbau der Energieversorgung. Es gibt viele Baustellen. Milliarden werden investiert. Dem Aufwand für eine Mondlandung komme das gleich, hieß es 2011 und 2012. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Die Mondlandung ist jetzt die Flüchtlingskrise. In der Energiepolitik leistet Deutschland still Pionierarbeit: Wer wissen will, was die Entsorgung der alten Meiler kostet, kann das bald aus Deutschland erfahren. Und wie so ein Umbau geht, bei allen Problemen. Ein Zurück zur Kernenergie wird es in Deutschland nicht geben, dafür hat Fukushima gesorgt. Ein für Allemal.
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