Was war denn das? Michael Rummenigge fand während der Halbzeitpause klare Worte: "Ich bin entsetzt wie Borussia Dortmund hier auftritt", sagte der ehemalige Bayern- und Dortmund-Spieler zur Leistung der Gäste. Abgesehen von einem Konter spiele hier nur eine Mannschaft: die Bayern. Das ist wörtlich genommen bei einem Fußballspiel, das ohne anwesende Gegner nicht angepfiffen wird, nicht möglich. Und doch war Rummenigges Aussage eine Tatsachenschilderung.
Borussia Dortmund fand tatsächlich vor allem in der ersten Halbzeit nicht statt. Wie Slalomstangen standen die Spieler in Gelb still und artig Spalier, während die entfesselt spielenden Bayern im Minutentakt vor dem Tor von BVB-Keeper Roman Bürki auftauchten. Die 4:0-Halbzeitführung war hoch schmeichelhaft, ein 7:0 wäre durchaus möglich gewesen.
Psychologisch scheint das Titelrennen entschieden
Nein, ein echtes Gipfeltreffen, ein Spitzenspiel auf Augenhöhe war dies ganz bestimmt nicht. Nach Jahren der ermüdenden Dominanz sehnte sich die Liga nach so etwas wie Unberechenbarkeit im Titelkampf. Doch der 5:0-Sieg des FC Bayern macht die Kräfteverhältnisse im deutschen Fußball wieder ziemlich deutlich. Sechs Spieltage vor Schluss liegt der BVB zwar nur einen Zähler hinter Tabellenführer FC Bayern. Doch psychologisch scheint das Duell bereits entschieden.
Der FC Bayern fand nach Wochen des Strauchelns rechtzeitig zum Klassiker zu alter, gewohnter Souveränität zurück, zeigte endlich wieder jene Galligkeit, die Kritiker zuletzt vermissten und war in allen Mannschaftsteilen überlegen. Ergebnis: Der FCB ist wieder klarer Meisterschaftsfavorit. Borussia Dortmund dagegen zeigt mit den wechselhaften Leistungen der Rückrunde, in der manch ein Last-Minute-Treffer das Team von Lucien Favre vor weiteren Punktverlusten bewahrte, dass die junge, im Sommer völlig neu gestaltete Mannschaft nicht reif genug ist für einen Titel, schon gar nicht auf internationalem Niveau. Noch nicht.
Die Nummer 1 im deutschen Fußball heißt weiter Bayern München
Denn mit einem Altersdurchschnitt von 25 Jahren hat der Kader des BVB seine besten Zeiten noch vor sich. Während beim FC Bayern der große Schnitt wohl unmittelbar bevorsteht, hat die Borussia aus dem Ruhrgebiet diesen schon hinter sich. Sollte es Joachim Watzke und Michael Zorc gelingen, Schlüsselspieler wie den viel umworbenen Jadon Sancho zu halten, könnte das Projekt in der kommenden Saison erste Früchte tragen. Bis dahin sind und bleiben die Bayern die Nummer 1 im deutschen Fußball.