In diesem Duell ging es noch weniger um Inhalte als bei der ersten direkten Auseinandersetzung der beiden Präsidentschaftskandidaten. Das hier war ein Psycho-Krieg. Wie würde Donald Trump auf die Veröffentlichung eines Videos reagieren, dass ihn als Frauen verachtenden Macho zeigt? Und was würde Hillary Clinton tun, wenn ihr Konkurrent sie für die sexuellen Übergriffe ihres Ehemannes in die Verantwortung nimmt?
Der Kampf wurde an diesem Sonntagabend schon vor dem eigentlichen Sendestart eröffnet. Trump hatte eine gute Stunde vor der Live-Übertragung kurzfristig zu einer improvisierten Pressekonferenz eingeladen. Vier Frauen sprachen ihm seine Unterstützung aus, darunter drei, die Bill Clinton vorwarfen, ihnen sexuelle Gewalt angetan zu haben.
Ablenkungsmanöver vor Sendebeginn
Kein Zweifel, das sollte ein Überraschungsangriff auf Hillary Clinton sein. Es war der Versuch, sie kurzfristig aus dem Konzept zu bringen. Und somit den Boden gut zu machen, den Trump seit vergangenen Freitag massiv verloren hat. Es war schon fast gespenstisch, zu sehen, wie die Ehepartner der beiden Duellanten die Arena betraten. Die Abscheu, die beide beim obligatorischen Händeschütteln empfanden, war über die Bildschirme hinweg zu spüren.
Dieser Abend war ein Abend der Verachtung und des Hasses. Und während Mimik und Körpersprache keinen Zweifel an der gegenseitigen Abneigung ließen, waren beide Kandidaten so kontrolliert, dass es zu keinem der verbalen Ausfälle kam, auf die so viele Millionen insgeheim gewartet haben mögen. Bei Hillary Clinton durfte man damit rechnen. Nicht nur, weil sie in ihrer jahrzehntelangen Karriere schon so viele Situationen überstehen musste, die äußerste Disziplin verlangten. Auch, weil es ihr um ihre wirkliche inhaltliche Agenda geht, die sie bei den Debatten erläutern will. Sie wird nicht müde, ihren Unterstützern - aber auch den noch unentschiedenen Wählerinnen und Wählern - zu erklären, warum sie die qualifiziertere Präsidentin wäre und mit welchen politischen Plänen sie ins Weiße Haus ziehen würde.
Trump ohne Konsistenz
Man mag es als Ungerechtigkeit empfinden, dass sie eigentlich nichts machen konnte, um dieses zweite Duell zu gewinnen. Sondern ihr Sieg einzig davon abhängig war, dass Trump sich daneben benahm. Und das hat er eben nicht getan. Sicher, er hatte wieder auf keine einzige Frage eine konsistente Antwort, konnte keines seiner vollmundigen Versprechen mit einem Plan hinterlegen. Seine überzeugten Unterstützer werden ihm das nicht verübeln. Sie teilen seinen offen gezeigten Hass auf Hillary Clinton. Und selbst Ausfälle wie seine Aussage, er werde als Präsident Clinton ins Gefängnis bringen, werden ihnen gefallen. Auf jeder Trump-Versammlung gibt es unzählige T-Shirts, die genau diesen Aufdruck tragen: Hillary for prison.
Verloren hat Trump allerdings bei den Unentschiedenen und Unabhängigen, die diese bizarre Wahl entscheiden werden. Gut möglich, dass Clinton sie mit ihren präzisen Ausführungen und einer neuen Wärme überzeugt hat. Es war aber nicht der eindeutige Sieg, auf den manche gehofft hatten. Das Spektakel wird weitergehen. Und die einzig wirklich gute Nachricht dieses Abends ist, dass der 8. November schon wieder einen Tag näher gerückt ist. Dann wird endlich gewählt.
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