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Gefährliche Machtfülle in Polen

Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek
29. Januar 2016

Das polnische Parlament hat per Gesetz die von der Regierung unabhängige Generalstaatsanwaltschaft abgeschafft. Das Amt übernimmt nun in Personalunion der Justizminister. Das ist beunruhigend, meint Bartosz Dudek.

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Polen Zbigniew Ziobro Justizminister
Zbigniew Ziobro ist in Zukunft beides: polnischer Justizminister und zugleich GeneralstaatsanwaltBild: picture alliance/NurPhoto/K. Dobuszynski

Es ist ein weiterer Schritt der nationalkonservativen Regierung auf dem Weg zur Konzentration der Macht. Nachdem das Verfassungsgericht gelähmt, die öffentlich-rechtlichen Medien zu Regierungssendern gemacht und die politische Neutralität des Beamtentums in der Praxis abgeschafft wurden, schafft sich die in Polen regierende Partei ein neues Instrument, das auf verschiedene Art und Weise eingesetzt werden kann: Der Justizminister fungiert künftig in Personalunion zugleich als Generalstaatsanwalt.

Generalstaatsanwälte in vielen Ländern politisch gesteuert

In der in jüngster Zeit üblichen Art und Weise wurde das Gesetz innerhalb kürzester Frist, nachts und ohne Rücksicht auf die ablehnenden Stellungnahmen der Experten verabschiedet. Die Opposition stimmte geschlossen dagegen. Die Verfechter des neuen Gesetzes argumentierten, dass die Trennung der beiden Funktionen - erst 2010 eingeführt - nicht effektiv bei der Verbrechensbekämpfung gewesen sei. Mehr noch: Es handele sich um eine Lösung, die doch auch in einem der Mutterländer der modernen Demokratie, den USA, mit Erfolg praktiziert werde.

Das stimmt tatsächlich, obwohl die Personalunion der Ämter des Justizministers und des Generalstaatsanwaltes grundsätzlich in der demokratischen Welt eher selten ist. Es stimmt auch, dass in vielen Staaten, darunter auch in Deutschland, die Generalstaatsanwälte organisatorisch und disziplinarisch dem Justizminister unterstellt sind. Die Generalstaatsanwälte also nichts anders als poltische Beamte sind und keine von der Exekutive getrennten Vertreter der unabhängigen Judikative. Und seien wir ehrlich: Auch in den entwickelten Demokratien besteht deswegen für die Politik immer wieder die Versuchung, über die Staatsanwaltschaft Einfluss auf die Justiz zu nehmen.

Dudek Bartosz Kommentarbild App
Bartosz Dudek leitet die Polnische Redaktion der DW

Das jüngste Beispiel aus Deutschland liegt nicht lange zurück: Im September 2015 hat der deutsche Justizminister von seinem Aufsichtsrecht Gebrauch gemacht und den damaligen Generalbundesanwalt - so heißt das entsprechende Amt in Deutschland - mit sofortiger Wirkung in den Ruhestand versetzt. Der Grund dafür war dessen Eröffnung eines Verfahrens gegen Journalisten wegen Landesverrats, was im politischen Berlin und in der Presse wenig Gefallen gefunden hatte. Auch wenn die Vorwürfe gegenüber den Journalisten ziemlich absurd waren, wollte die Politik kein Gerichtsurteil abwarten. Der nicht genehme Bundesgeneralstaatsanwalt wurde schlichtweg mit sofortiger Wirkung gefeuert.

Grundsätze des Rechtsstaates berührt

Wenn man aber den breiten Kontext der polnischen Politik der vergangenen Monate berücksichtigt, muss die Zusammenlegung der beiden Ämter doch beunruhigen. Besonders wenn man bedenkt, dass der polnische Justizminister und gleichzeitige Generalstaatsanwalt mit weitgehenden Befugnissen ausgestattet wird, die so in demokratischen Ländern nicht üblich sind: Er wird nicht nur disziplinarisch, sondern auch inhaltlich in laufende Verfahren eingreifen können. Mit anderen Worten: Er wird entscheiden, wer angeklagt werden soll und welches Verfahren aus welchem Grund auch immer eingestellt werden soll. Hier geht es also um den Versuch, die Gewaltenteilung aufzuheben. Das berührt die Grundsätze des demokratischen Rechtsstaates.

Entscheidend werden letztendlich nicht die theoretischen Befugnisse des neuen Amtes sein, sondern wie in der Praxis mit der Machtfülle umgegangen wird. Die Erfahrungen der Jahre 2005 bis 2007, als der jetzige Justizminister und Jaroslaw Kaczynskis "Law and Order"-Sheriff Zbigniew Ziobro schon einmal dieses Amt bekleidete, lassen jedoch nichts Gutes erahnen. Es steht zu befürchten, dass er die neuen Möglichkeiten, die ihm die Fusion der Ämter gibt, gänzlich ausreizen wird. Aber ein Justizminister, der befugt ist, ein Strafverfahren gegen politische Gegner zu öffnen, ist in der demokratischen Welt nicht akzeptabel.

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Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek Redakteur und Autor der DW Programs for Europe