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Politik

Großer Bahnhof für den kleinen Raketenmann

28. März 2018

Kims Kurzbesuch in China war ein äußerst kluger Schachzug, kann er jetzt doch gestärkt in die Verhandlungen gehen. Alle Beteiligten sehen sich als Sieger, aber konkrete Resultate stehen noch aus, meint Alexander Freund.

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Peking China Nordkorea Gespräche Xi Jinping Kim Jong Un
Bild: picture-alliance/Xinhua/Y. Dawei

Kims Stippvisite in Peking kann der junge Machthaber Nordkoreas als großen Erfolg verbuchen: Ihm wurde ein überraschend großer Bahnhof bereitet. Er bekam die Chance, den großen Bruder China frühzeitig einzubinden, noch bevor es tatsächlich direkte Gespräche mit Südkorea und im Anschluss mit den USA gibt - wenn alles glatt geht. Kim Jong Un geht jetzt mit chinesischer Rückendeckung gestärkt in die Verhandlungen. Er kann sich dank seiner nuklearen Drohkulisse und dem demonstrativen Schulterschluss mit China noch selbstbewusster an den Verhandlungstisch setzen. Er wird auf Augenhöhe verhandeln, nicht als Bittsteller, den Sanktionen in die Knie gezwungen haben. Kim erwartet für eine mögliche Denuklearisierung von den USA und Südkorea "eine Atmosphäre der Stabilität und des Friedens". Übersetzt heißt das wohl, dass er und sein Machtzirkel Sicherheitsgarantien bekommen und dass auch im Süden militärisch abgerüstet wird.

Kim Antrittsbesuch beim starken Mann Chinas war mehr als überfällig, hatte Kim Jong Un doch mit seinen Raketentests und seinen Nuklearambitionen auch die Autorität der Schutzmacht China untergraben. Lange hatte sich China in den sogenanten Sechs-Parteien-Gesprächen erfolglos für eine Lösung im Dialog eingesetzt. Dass Pyöngyang damit die traditionell engen Beziehungen nicht nur belastet, sondern den Bogen überspannt hatte, wurde spätestens deutlich, als auch Peking die UN-Sanktionen gegen das isolierte Land unterstützte.

Ohne China keine Lösung

Dass Kim vor irgendwelchen Verhandlungen zunächst einmal Chinas Unterstützung erbittet, kann Peking zurecht als großen Erfolg werten. Denn ohne China wird es keine Lösung des Korea-Konflikts geben. Wie Peking alle Medienberichte über Kims mysteriöse Zugreise orchestriert und die Führungsrolle Xis beim Besuch zelebriert, zeigt, wie wichtig Peking diese Deutungshoheit ist. Xi Jinping darf sich zurecht als Sieger bezeichnen - die Autorität der Schutzmacht scheint vorerst wieder hergestellt. Was auch immer Kim mit Südkoreas Präsident Moon oder US-Präsident Trump bespricht: Eine Entscheidung ohne Xi wird nicht möglich sein .

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Alexander Freund leitet die Asien-Programme

Als Sieger sieht sich aber auch US-Präsident Trump, denn er hat mit seiner harten Haltung den Druck auf Nordkorea so weit erhöht, dass sich Pjöngjang bewegen musste. Dass es endlich wieder Bewegung im völlig festgefahrenen Korea-Konflikt gibt, wird der vielgescholtene Trump als seinen Erfolg reklamieren. Sollte er dabei einen auch für die USA akzeptablen Deal aushandeln, etwa eine Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel und den Verzicht auf Raketentests Richtung USA, dann wäre dies tatsächlich sein Verdienst. Welche Zugeständnisse Trump dafür machen würde, bleibt abzuwarten. Auf gemeinsame Manöver mit Südkorea oder die Stationierung der Flugabwehrbatterien THAAD könnte er vermutlich verzichten, aber einem Abzug der US-Truppen aus Südkorea wird er schwer zustimmen können. Außerdem versteht Kim unter einer "Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel" auch den Abzug von taktischen US-Atomwaffen etwa auf U-Booten aus der Region.

Südkoreas Präsident Moon darf im Siegerreigen nicht fehlen, auch wenn er zwischen all den Alphamännchen weniger auffällt. Seine auf Dialog ausgerichtete Politik schuf genau im richtigen Moment eine vertrauensvolle Atmosphäre, die von Nordkoreas Machthaber zum Glück genutzt wurde.

Steigende Erfolgsaussichten

Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter. Das zeigt sich hier einmal mehr. Und wenn sich viele als Sieger sehen, dann steigen auch die Erfolgsaussichten. Allerdings dürfte auch all den vermeintlichen Siegern klar sein, dass letztlich noch gar nichts erreicht wurde. Denn die eigentlichen Verhandlungen stehen ja noch aus. Die Differenzen und das wechselseitige Misstrauen sind verständlicherweise groß. Aber zumindest gibt es endlich wieder eine realistische Hoffnung auf eine Verhandlungslösung. Das ist nun wirklich ein echter Erfolg verglichen mit der Kriegsrhetorik der vergangenen Monate.

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DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund