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Indien macht, was Deutschland machen müsste

Kommentarbild Ludger Schadomsky
Ludger Schadomsky
11. Juli 2016

Indiens Premierminister Modi war mehrere Tage in Afrika zu Gast. Vereinbarte Investitionen und suchte Partner. Während Deutschland nur von den Chancen in Afrika redet, nutzt Indien diese längst, meint Ludger Schadomsky.

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Tansania Besuch Narendra Modi Trommel
Indiens Premierminister Narendra Modi und sein tansanischer Amtskollege John Magufuli begrüßen sich afrikanischBild: picture-alliance/AP Photo/K. Said

“Die Beziehungen zwischen Indien und Afrika sind wie die Ufer eines Flusses - sie berühren sich nicht, gehören aber stets zusammen.“ So schön wie in der Grußbotschaft der indischen Delegation kann Geopolitik klingen. Nur ein gutes halbes Jahr nach einem gigantischen Indien-Afrika-Gipfel hat Premierminister Narendra Modi am Montag seine Afrika-Reise beendet und damit der angekündigten strategischen Neuausrichtung der indischen Außenpolitik Nachdruck verliehen. Nicht von ungefähr führte ihn seine Reise nach Ost- und Südafrika, lebt dort doch eine gewaltige indisch-stämmige Diasporagemeinde - mehr als eine Million allein in Südafrika. Längst sind abendfüllende Veranstaltungen mit Tausenden jubelnden Exilanten wie in Johannesburg fester Bestandteil von Modis Reiseprogramm.

Vordergründig geht es aber natürlich vorrangig um Handel und Investitionen - eine halbe Milliarde Euro an Investitionsvolumen hatte der Inder im Koffer. Im Gegenzug ist Modi an den reichen Gas- und Ölvorkommen Afrikas interessiert. Ausgerechnet im Sudan sind die Inder schon stark engagiert, Sudans vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchter Präsident Bashir wurde deshalb schon auf dem Afrika-Gipfel in Indien hofiert.

Indiens geopolitische Interessen

Doch liegt jenseits des hinlänglich beschriebenen Wettrennens der Inder mit den Chinesen um afrikanische Märkte und Rohstoffe das eigentliche Augenmerk Modis auf der Geopolitik: Indien sieht Afrika als einen natürlichen Partner auf dem mühsamen Weg zu einer Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Ein Weg, der mindestens so mühsam ist, wie das Exil Mahatma Gandhis in Südafrika, dem Modi in der indisch geprägten Küstenstadt Durban gedachte.

In Indien wie in Teilen Afrikas hält man - nicht ganz zu Unrecht - die gegenwärtige Konstellation mit den ständigen Mitgliedern Frankreich, Großbritannien, China, Russland und den USA für hoffnungslos veraltet. Gerne würde die Atommacht Indien in die illustre Runde aufrücken, und da auch Südafrika das Thema immer wieder angesprochen hat, versteht man sich blendend. Da stört es auch nicht, dass die konkrete bilaterale Politik-Gestaltung zwischen beiden - etwa im Süd-Süd-Club BRICS - kein bisschen von der Stelle kommt. Darüber hinaus haben die Inder aber noch weitere ganz konkrete strategische Ansinnen an die Afrikaner: eine verstärkte und erheblich professionellere Sicherheitskooperation im Seeverkehr etwa, oder die Eindämmung des globalen Terrors.

Lektion für Deutschland

Das alles ist durchaus legitim, und so hält die Afrika-Offensive der Inder - und das trotz Wirtschaftskrise nur wenig gebremstem Engagement der Chinesen dort - vor allem für Deutschland eine Lektion bereit: Vor wenigen Jahren noch fühlte sich Berlin durch das Kopf-an-Kopf-Rennen der Asiaten angespornt, ebenfalls Richtung Afrika zu schauen: In ungezählten Konferenzen wurde der Nachbarkontinent als Chancen- und Löwenkontinent gefeiert, deutsche Politiker gaben sich zwischen Kapstadt und Kairo die Klinke in die Hand und feilten daheim an einer neuen Afrika-Politik.

Zwei Jahre und einige Hunderttausende afrikanische Flüchtlinge später ist Deutschlands Afrika-Politik zu einer Abwehr-Politik mutiert, deutsche Innen- und Entwicklungsminister reisen statt in Investitionsländer in zukünftige "sichere Herkunftsstaaten" oder gleich nach Eritrea. Es ist wohlfeil, Beschwerde über das wenig zimperliche Auftreten der Chinesen und Inder in Afrika zu führen. Zielführender wäre es freilich, die Verzagtheit abzulegen und den großen Vertrauensvorschuss der Afrikaner gegenüber Deutschland und deutschen Produkten zum beiderseitigen Wohle zu nutzen. Und mit neuen Arbeitsplätzen wirkliche Bleibeperspektiven zu schaffen. Oder mit den Worten der Inder: die beiden Flussufer mit einer tragfähigen Brücke zu überspannen.

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