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Kaczyński wird nicht nachgeben

Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek
14. September 2016

Bereits zum zweiten Mal hat das Europäische Parlament nun eine Resolution verabschiedet, in der sie die Regierung in Polen scharf kritisiert. Doch das wird auch dieses Mal nichts bringen, meint Bartosz Dudek.

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Polen Warschau Parlament Jaroslaw Kaczynski
Jaroslaw Kaczynski bekleidet derzeit kein Regierungsamt in Polen- gilt aber gleichwohl als einflussreichster PolitikerBild: picture-alliance/NurPhoto/M. Wlodarczyk

Die großen Fraktionen des Europaparlaments haben in ihrer gemeinsamen Resolution zum wiederholten Mal den Umgang der polnischen Regierung mit dem dortigen Verfassungsgericht kritisiert und auch erhebliche Bedenken gegen die neuen Medien-, Polizei- und Anti-Terrorgesetze geäußert. Gleichzeitig stellte sich die Mehrheit der Abgeordneten eindeutig hinter die Europäische Kommission, die im Juli die zweite Stufe des Rechtstaatsprüfverfahrens gegenüber Polen eingeleitet hat. Die von der EU-Kommission formulierten Empfehlungen sollen bis Oktober umgesetzt werden. Andernfalls drohen dem EU-Land Sanktionen - darunter der Stimmentzug im Europäischen Rat. Soweit die Theorie.

Konflikt als Strategie

Die Praxis zeigt, dass die Regierung in Warschau, allen voran der mächtigste Mann im Lande, Jaroslaw Kaczynski, der Chef der Regierungspartei PiS, von der Meinung des Europäischen Parlamentes nur eines halten: nämlich nichts. Wohnte der ersten Debatte im Europäischen Parlament im Januar noch die Premierministerin Beata Szydlo bei, so hat jetzt Warschau lediglich einen stellvertretenden Justizminister nach Straßburg geschickt. Auch die Delegation der sogenannten Venedig-Kommission, ein mit hochkarätigen internationalen Verfassungsrechtsexperten besetztes Gremium des Europarates, wurde dieser Tage in Polens Hauptstadt mit demonstrativem Desinteresse empfangen. Nicht mal die Schelte von US-Präsident Barack Obama am Rande des Warschauer NATO-Gipfels im Juli hat Kaczynski in seiner Grundhaltung erschüttert nach dem Motto: " Der Souverän, die Nation, hat mich und meine Partei mit der Parlamentsmehrheit ausgestattet, daher mache ich, was ich will. Nicht der amerikanische Präsident, keine Resolutionen des Europäischen Parlamentes und kein Rechtsstaatlichkeitsprüfverfahren der EU-Kommission werden daran etwas ändern."

Das liegt vor allem an der politischen Philosophie Kaczynskis, der ein gewiefter und skrupelloser Machtpolitiker ist. Er glaubt nämlich, dass Konflikte die einzigen politischen Antriebskräfte seien. Der Konflikt mit europäischen Institutionen ist ihm daher willkommen. So kann er bei seinen Wählerinnen und Wählern noch weiter punkten: als DER Verteidiger der nationalen Souveränität gegenüber fremden, antipolnischen und libertären Mächten. Auch sein Glaube an einen Anschlag auf seinen 2010 bei der Flugzeugkatastrophe bei Smolensk umgekommenen Zwillingsbruder Lech folgt dem gleichen Muster. Der Mythos einer Verschwörung des damaligen Premierministers Donald Tusk mit Wladimir Putin eignet sich hervorragend, um die Reihen zu schließen: Eine zwar gefährliche, aber sehr effektive Strategie.

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Bartosz Dudek leitet die Polnische Redaktion der DW

Angst als Mittel der Macht

Auch die europäische Flüchtlingskrise nutzt Kaczynski, um seine Macht zu zementieren. Ähnlich wie viele westeuropäische (darunter auch deutsche) Populisten, kann er virtuos auf der Tastatur der Angst spielen. Die menschenverachtenden Parolen von Muslimen, die angeblich Krankheiten nach Europa schleppten und ohnehin Terroristen seien, dienen allein dazu, sich als starken Mann und Verteidiger der christlichen Tradition Europas und Polens zu stilisieren. Und seine Gefolgschaft jubelt. Die Angst und der Hass auf Muslime lassen sich wunderbar instrumentalisieren: Kaczynski ist ein Politiker, für den der Zweck die Mittel heiligt. Die Lahmlegung des Verfassungsgerichts, die Gleichschaltung der Gerichtsbarkeit und der öffentlich-rechtlichen Medien, die Sondervollmachten für Staatsanwälte und Polizei und neuerdings auch die Schulreform sowie die Umschreibung der Geschichte dienen dem gleichen Zweck: dem Machterhalt und der Machtsicherung.

Nun haben die EU-Kommission und das Europäische Parlament recht, wenn sie die national-konservative "Revolution" in Polen geißeln und darin eine Gefahr für die liberale Demokratie sehen. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass es nichts ändert. Die einzigen, die diesem skrupellosen Treiben ein Ende setzen können, sind die polnischen Wählerinnen und Wähler. Die Zivilgesellschaft zu stärken, Aufklärungsarbeit zu leisten und immer wieder das Gespräch zu suchen: Das sind die effektiveren Mittel.

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Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek Redakteur und Autor der DW Programs for Europe