Keine Weihnachtspause für die Ukraine
8. Januar 2015Eigentlich feiern die Ukrainer gerade Weihnachten. Doch für eine Feiertagspause fehlt der Politik in Kiew die Zeit. Regierungschef Arseni Jazenjuk und gleich zwei Minister für Wirtschaft und Finanzen nutzten die ukrainischen Feiertage für einen Besuch in Berlin. Deutschland und die Ukraine bauen ihre Zusammenarbeit aus. Und dabei geht es auch um die Zukunft der Ukraine, die die meisten Ukrainer inzwischen in der Europäischen Union sehen.
Doch der gegenwärtige Zustand der Ukraine bietet wenig Anlass, dass diese Hoffnung und damit auch der Wunsch der Menschen nach einem besseren Leben rasch in Erfüllung gehen könnten. Das Land ist immer noch im Krieg: Die Krim im Süden ist von Russland annektiert und Teile des Ostens, in dem wichtige Industriebetriebe stehen, gleichen Zonen der Verwüstung. Der Krieg belastet die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage. Ein Staatsbankrott ist möglich. Nur mit massiver finanzieller Unterstützung von außen kann die Ukraine die kommenden Monate überstehen.
Nur vage Hoffnungen auf Erfolg der Kontaktgruppe
Jazenjuk hat deshalb in Deutschland vor allem um Unterstützung geworben. Hilfe benötigt das Land bei der Lösung des Konflikts mit den prorussischen Separatisten. Sie haben die Ostukraine in einen Krieg gestürzt und werden dabei von Russland mit Geld, Waffen und Kämpfern versorgt. Die vereinbarte Waffenruhe ist brüchig. Nach wie vor sterben Menschen, darunter immer wieder Zivilisten. Eine politische Lösung ist nicht in Sicht.
Hoffnungen richten sich auf eine neue europäische Vermittlung im Rahmen der internationalen Kontaktgruppe. Damit soll die weitere militärische Eskalation verhindert werden. Doch ob der angestrebte Krisengipfel zustande kommt, ist fraglich. Bundeskanzlerin Angela Merkel wirkte skeptisch. Trotzdem warb sie im Gespräch mit Jazenjuk noch einmal nachdrücklich für diese Initiative. Zugleich lässt sie keinen Zweifel daran aufkommen, dass Russland die territoriale Integrität der Ukraine respektieren muss.
Wiederaufbau und Reformen statt Aufrüstung
Die Ukraine hat diesen Krieg nicht begonnen. Trotzdem verfolgt man in Berlin mit zunehmenden Unbehagen, dass die Regierung in Kiew ein umfassendes militärisches Aufrüstungsprogramm verfolgt. Ukrainische Politiker in höchsten Staatsämtern sprechen sogar davon, dass ihr Land militärisch siegen könne. Solche martialischen Erklärungen spiegeln die aufgeheizte Stimmung in der Ukraine wider. Doch auch wenn die Fäuste in der Tasche geballt sind, den Ukrainern sollte klar sein, dass sie den Krieg nicht gewinnen können, solange Russland das gewaltsame Vorgehen der Separatisten unterstützt.
Frieden in der Ukraine kann es nur geben, wenn ein Wiederaufbau in Gang kommt und Perspektiven für die Menschen in der Konfliktregion geschaffen werden. Für den Wiederaufbau im Osten will Deutschland der Ukraine Kreditbürgschaften in Höhe von einer halben Milliarde Euro bereitstellen. Im Rahmen der Europäischen Union werden derzeit weitere Kredit-Hilfen in Milliardenhöhe vorbereitet, um die angeschlagene Wirtschaft der Ukraine zu stützen.
Die entscheidenden Voraussetzungen aber muss die Regierung in Kiew selbst schaffen: Sie muss die angekündigten Reformen umsetzen. Dazu gehört auch der Kampf gegen Korruption und Behördenwillkür. Viel geschehen ist gerade in diesem Bereich noch nicht. Auch darüber wurde in Berlin gesprochen. Denn es ist klar, neue Investoren werden nur in die Ukraine kommen, wenn die Modernisierung konsequent vorangetrieben wird. Und auch der Krieg muss beendet werden. Das geht wohl nur durch schmerzliche Kompromisse mit Moskau, das sich ebenfalls bewegen müsste. Jazenjuk wird in Deutschland als Ansprechpartner geschätzt, aber er wird auch daran gemessen, ob seine Regierung tatsächlich eine neue Politik umsetzt. Und diesen Beweis muss er noch erbringen.