Alarmismus gehört zur Jobbeschreibung eines Innenministers. Seit Jahrzehnten profilieren sich Amtsträger mit der Beschwörung von Katastrophenszenarien und den dazugehörigen sicherheitspolitischen Maximalforderungen, selbst wenn diese klar verfassungswidrig sind. Wolfgang Schäuble wollte den Abschuss von gekaperten Zivilflugzeugen ins Gesetz schreiben. Hans-Peter Friedrich erfand ein "Supergrundrecht Sicherheit", das angeblich alle anderen Grundrechte aussticht. Nicht selten spielen sie dabei mit dem Kalkül, dass ein Innenminister eine Menge verlieren kann, wenn tatsächlich etwas passiert, aber wenig gewinnen, wenn er sich zurückhält. Ob diese Forderungen tatsächlich für mehr Sicherheit sorgen, war oft gar nicht Gegenstand der Debatte. Sicherheit ist eher ein Gefühl.
Ausflüge ins populistische Fach
Thomas de Maizière ist ein Innenminister mit mehr Augenmaß. Aber gelegentlich probiert auch er den Ausflug ins populistische Fach. Dann schimpft er im Fernsehen über Flüchtlinge, die Taxi fahren. Dann stellt er gemeinsam mit seinen Kollegen aus den Bundesländern einen Forderungskatalog auf, den er selbst nicht für realistisch hält. Dann erklärt er den Bürgern, dass er ihnen lieber nicht das ganze Ausmaß der Bedrohung mitteilt, weil sie dann kein Auge mehr zumachen würden. Eine überzeugende Figur gibt er dabei selten ab. De Maizière hat auch das Talent, Irrlichter zu produzieren, wenn er Signalleuchten setzen will.
Ist es ein solches Irrlicht, wenn ein Papier seines Ministeriums jetzt die Bevölkerung auffordert, Lebensmittelvorräte für den Kriegsfall anzulegen? Passt das nicht dazu, dass er gemeinsam mit seinen Unions-Kollegen aus den Ländern gerade ein Sheriff-Papier aufgelegt hat? Dass für diese Woche eine weitere Katastrophenübung angesetzt ist? Spielt da wieder einer auf der Innenministerklaviatur der Angstmache, wie es die Opposition vermutet?
Kein Run auf die Supermärkte
Eher nicht. Die Aufforderung an die Bevölkerung, Vorräte anzulegen ist schon seit jeher Teil sämtlicher Katastrophenpläne. Das zuständige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gibt auf seiner Webseite Tipps, was der Vorratskeller beinhalten sollte, wenn für zwei Wochen die gesamte Infrastruktur zusammenbricht. Den Bürgern ist das im allgemeinen so fern wie die Berliner Luftbrücke von 1948, als es tatsächlich zuletzt in Deutschland echte Versorgungsengpässe gab. Und auch jetzt wird das neue Konzept wohl kaum einen Run auf die Supermärkte auslösen. Höchstens vielleicht ein kurzes Erschauern.
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