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Kommentar: Komm runter, FIFA!

Astrid Prange11. Juni 2014

Eine WM ist kein Staatsakt, und die FIFA kein Gesetzgeber. Sie muss ihren kommerziellen Höhenrausch beenden und die WM wieder zu dem machen, was sie einmal war: zu einem Sportereignis, meint DW-Reporterin Astrid Prange.

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Deutsche Welle Astrid Prange De Oliveira
Bild: DW/P. Henriksen

Endlich! Endlich geht die WM los. Wenn der Ball erst einmal rollt, so die Hoffnung vieler Fußballfans, dann sind alle Sorgen rund um die Organisation des sportlichen Spektakels in Brasilien vergessen. Nur Tore zählen, und der nationale Stolz wächst mit den Siegen der jeweiligen Nationalmannschaft.

Diese Hoffnung wird sich nur zum Teil erfüllen. Denn diese WM hat Brasilien schon vor ihrem Anpfiff verändert. Mehr noch: Sie wird auch die FIFA verändern. Denn die Bereitschaft, eine Fußballweltmeisterschaft auch künftig nach FIFA-Maßgabe auszurichten, ist nach den Massenprotesten weltweit gesunken. Ausgerechnet in dem südamerikanischen Schwellenland ist das FIFA-Modell an seine Grenzen gestoßen, und das ist gut so.

Brasilien hat die Geschäftsgrundlage des Weltfußballs in Frage gestellt. Wie kann es sein, fragten sich viele der 200 Millionen Einwohner, dass für eine WM Verfassung und nationale Gesetzgebung zeitweise außer Kraft gesetzt werden? Dass ein hastig verabschiedetes WM-Sondergesetz das bisher in brasilianischen Stadien herrschende Alkoholverbot aufhebt? Wie kann es sein, dass für Sponsoren und Fußballfunktionäre andere Gesetze gelten als für die einheimische Bevölkerung? Und dass ein Sportverband mit seinen Geschäftspartnern Verträge abschließt, die zu Lasten der Allgemeinheit gehen und die Bewegungsfreiheit von Millionen Menschen einschränken?

Brasiliens Bevölkerung hat diese Fragen gestellt. Bei der brasilianischen Regierung ist die Botschaft angekommen. Staatspräsidentin Dilma Rousseff wird nicht müde zu betonen, dass die öffentlichen Ausgaben für Bildung und Gesundheit trotz oder gerade wegen der WM gestiegen sind.

Auch bei einigen Mitgliedsverbänden der FIFA, insbesondere bei der UEFA, dämmert die Einsicht, dass Megaausgaben für Megaevents politisch immer schwieriger zu vermitteln sind. Erst recht, wenn Gewinne und Verluste ungleich verteilt sind, wie bei der FIFA-WM in Südafrika oder eben in Brasilien.

Eine WM ist kein Gipfeltreffen von Staatschefs und auch keine internationale UN-Friedensmission. Sie muss endlich ihren kommerziellen und politischen Höhenflug beenden und auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Die FIFA muss sich auf ihre ursprüngliche Aufgabe besinnen und schlicht und ergreifend alle vier Jahre ein weltweites Sportturnier ausrichten. WM-Stadien brauchen keine VIP-Lounges oder besonders komfortable Zuschauersessel, um Fußball auf Weltniveau zu präsentieren. FIFA-Präsidenten sind keine Staatspräsidenten und folglich steht ihnen auch keine Behandlung als Staatsgast zu.

Brasiliens Bevölkerung hat die scheinbar allmächtige FIFA und ihre Kooperationspartner zu dieser Einsicht gezwungen. Ihre Proteste haben die Herren des Weltfußballs aus ihrem milliardenschweren Dornröschenschlaf gerissen. Eine erfolgreiche WM wird sich künftig an den Bedürfnissen ihres jeweiligen Gastgeberlandes ausrichten müssen und nicht nur an den Anforderungen der FIFA. Auch bei der Suche nach neuen Austragungsorten wird die FIFA ihre bisherige Verfahrensweise überdenken müssen. Der Qualität des weltweiten Fußballs wird dies sicherlich nicht schaden. Die WM kann losgehen. Endlich!