Krieg ist kein Mittel gegen Terror
Natürlich muss der französische Präsident in seiner ersten Rede nach den Anschlägen von Paris stark und entschlossen erscheinen. Das erwarten seine Bürger von ihm. Und sie wollen auch gegen den Terror geschützt werden - soweit das möglich ist, da sind die Franzosen ganz realistisch. Gegen die Liste der konkreten Maßnahmen, vom Einreiseverbot für Terrorverdächtige bis zur Verlängerung des Ausnahmezustandes, werden die meisten also nichts haben.
Der Staat muss das Gewaltmonopol zurückerobern
Zweifellos muss die französische Regierung in ihrem Land aufräumen: Dazu gehört zum Beispiel die systematische Suche nach Waffen. Der Staat muss sein Gewaltmonopol zurückerobern und darf auch keine Angst mehr vor den sogenannten No-Go-Areas in den Vorstädten haben. Das gilt besonders für deren kriminelle Szene, wo der Weg vom bewaffneten Einbruch zum Terroranschlag kurz zu sein scheint. Schon beim Anschlag auf Charlie Hebdo war einer der Täter vom Kleinkriminellen zum Massenmörder mutiert. Das Muster wiederholte sich bei der jetzigen Mordserie.
Und hier fehlte etwas in den Ankündigungen des Präsidenten: Viel zu lange haben unsere Gesellschaften die Hassprediger und ihre Gewaltphantasien toleriert. Diese kulturelle Duldsamkeit war ein Fehler. Wer Hass und Gewalt gegen uns, die sogenannten Ungläubigen predigt, dessen Moschee wird geschlossen und mit Brettern vernagelt. Die Gemeinde soll sich einen Imam suchen, der den Glauben predigt und nicht das Morden. Dazu gehört auch, die Anleitungen zum Schießen und Bomben im Internet entschlossen zu bekämpfen und die Webkonzerne in den USA in die Pflicht zu nehmen, um wenigstens einen Teil der Auswüchse zu beenden.
Der "Krieg gegen den Terror" ist die falsche Rhetorik
Hollande hat also manches Richtige gesagt, besonders als er über die Stärke der liberalen Kultur Frankreichs sprach. Er hat manches Notwendige gesagt, was die Sicherheitsmaßnahmen angeht. Und er hat etwas Falsches gesagt, nämlich dass er Krieg gegen den Terror führen will. Das ist eine politische Falle, in die schon George W. Bush gelaufen ist. Die Folgen seiner Fehler haben den Boden bereitet für die Saat der Gewalt, die heute im Nahen Osten aufgeht. Der französische Präsident weiß das, denn sein Vorgänger Jaques Chirac war klug genug, auf Distanz zum Irakkrieg zu gehen. Warum bedient Hollande sich jetzt der gleichen verfehlten Rhetorik?
Der Kampf aus der Luft fordert vor allem zu viele zivile Opfer. Nur aus der Luft allein ist der Kampf nicht zu gewinnen, wenn man den Osten Syriens und Teile des Iraks von den Terroristen befreien will. Wie immer eine Koalition von Bodentruppen dort aussehen könnte - ohne sie ist eine vorläufige Befriedung dieser Gebiete nicht zu schaffen.
Schluss mit dem Doppelspiel gegenüber den Saudis
In einem französischen Kommentar heißt es: Die schlecht angezogenen Extremisten bringen wir um, und wir hofieren die in den eleganten Kleidern. Das geht gegen Saudi-Arabien. Frankreich und die anderen Europäer müssen endlich den heuchlerischen Umgang mit den Scheichs beenden. Sie nämlich haben die Drachenbrut gezüchtet, die uns heute mit Kalaschnikows und Sprengstoffgürteln in unseren Städten angreift. Es ist an der Zeit, das Königreich und seine Vasallen politisch und wirtschaftlich so unter Druck zu setzen, dass sie endlich aufhören, unsere Mörder weiter zu finanzieren. Hier fehlt ein Kernstück in der Rede des französischen Präsidenten. Er müsste ein Beispiel geben und die französische Außenpolitik gegenüber den Geldgebern des Terrors in Stellung bringen: Das Übel IS-Terrorismus muss an der Wurzel bekämpft werden, und die liegt vor allem in Saudi-Arabien.