Nichts wirklich Neues auf Kuba
Journalisten aus aller Welt hatten sich für ein Visum beworben, um über dieses historische Ereignis zu berichten. Doch nur wenige haben vom kubanischen Staat eine Genehmigung zur Einreise bekommen. Die politische Elite Kubas ist offenbar der Meinung, diese Wahl sei doch nichts Besonderes und ganz normal für die Karibikinsel.
Immer noch eine Diktatur
Irgendwie haben sie damit auch Recht: Denn Kuba ist immer noch eine Diktatur, das Ergebnis der Wahl des neuen Staatspräsidenten Kubas durch der Nationalversammlung bereits lange vor der Abstimmung klar. Miguel Díaz-Canel ist der Mann, welcher der Ära Castro ein Ende setzt und sie zugleich fortsetzt. Der 57-jährige ausgebildete Elektroingenieur war bereits mit 33 Jahren Parteisekretär seiner Heimatprovinz Villa Clara. Es folgte eine Bilderbuchkarriere im Partei- und Staatsapparat. Ein treuer Hardliner, der von Raúl Castro massiv gefördert und schon früh zu dessen Nachfolger auserkoren wurde. Schon vor fünf Jahren hat ihn Castro zum ersten Stellvertreter im Staats- und Ministerrat ernannt. Ein gehorsamer Soldat der kommunistischen Partei Kubas.
Mehr als eine Namensänderung und ein Generationswechsel an der Spitze des sozialistischen Landes stehen damit nicht an. Und so bleiben auch die beiden größten Herausforderungen auf der Insel bestehen: die desolate wirtschaftliche Lage sowie die Beziehungen zu den USA. An beiden Fronten ist auch kein Wandel in Sicht. Nicht nur weil ein treuer Nachfolger Raul Castros Präsident geworden ist, sondern auch weil dieser weiterhin die Fäden im Hintergrund zieht: Er bleibt erster Sekretär der Kommunistischen Partei.
USA und Kuba: Neue alte Feinde
Díaz-Canels Kommentar zu Barack Obamas Besuch auf der Insel im Jahr 2016 war: "Dies ist noch ein Versuch aus den USA, die kubanische Revolution zu zerstören." So gesehen erfüllt der jetzige US-Präsident Donald Trump viel besser die Rolle des Feindbildes für die kubanische Führung - die Öffnungspolitik unter Vorgänger Obama war da weit "gefährlicher": Erhöhte sie doch den Druck, sich weiter zu öffnen.
Trumps harter Kurs hingegen stärkt letztlich das Regime in Havanna. Ein Teil der neuen US-Sanktionen gegen Kuba untersagt zwar Geschäfte mit den kubanischen Militärs, die weite Teile des Tourismussektors kontrollieren. Was aber im Gegenzug auch die im kubanischen Tourismus tätigen US-Unternehmen trifft.
In Anbetracht seiner streng konservativen Basis steht Trump aber in der Pflicht zu liefern. Und in dem für seinen Wahlsieg entscheidenden US-Staat Florida bilden insbesondere Exil-Kubaner Trumps Wählerbasis. Eine weitere Annährung, wie Obama sie begonnen hatte, ist also undenkbar.
Die Ungleichheit im Sozialismus wächst
Kuba ist in Sachen Gesundheits- und Bildungssystem weiterhin vorbildhaft in Lateinamerika. Hingegen versickern die Milliardeneinnahmen aus dem Tourismus und den Auslandsüberweisungen der im Exil lebenden Kubaner oft auch in dunklen Kanälen.
Wer als einer der über vier Millionen Touristen pro Jahr nach Kuba kommt, ist vor allem ein Devisenbringer. Die Zahl derjenigen, die im Tourismus arbeiten können, ist aber begrenzt. Nachdem die Regierung eine Zeit lang immer mehr Lizenzen verteilt hat für den Betrieb privater Pensionen und Restaurants, ist diese kleine Wirtschaftsreform Raúl Castros schnell gebremst worden.
Der große soziale Sprengstoff liegt genau im Gegensatz dieser zwei Welten: Der durchschnittliche Monatslohn auf Kuba beträgt rund 30 Euro - soviel wie man mit einer Zimmervermietung pro Nacht verdienen kann. So kommt es, dass ausgebildete Ärzte sich als Kofferträger verdingen. Da die Spielräume für den Privatsektor aber vorerst nicht weiter geöffnet werden, wächst der Frust und Neid auf die, die am großen Tourismuskuchen mitverdienen dürfen. Das sind insbesondere die politische Elite Kubas und eben auch das Militär, das beispielsweise mit seinem Hotel-Unternehmen Gaviota über 29.000 Gästezimmer im ganzen Land managt. Die Ungleichheit auf Kuba wächst. Dabei war doch ironischerweise gerade die Gleichheit das große Versprechen und die Legitimationsgrundlage für den Sozialismus. Die Jugend wird deswegen zunehmend unruhig, der Druck für mehr Öffnung und Reformen wächst.
Sinnbild Straßenkreuzer
Die Revolution wird nächstes Jahr bereits 60. Selbst die Castros hätten damals wohl kaum gedacht, dass sie so lange überlebt. Der Mangel wurde zum Alltagsbegleiter - und die Kubaner zu den unangefochtenen Weltmeistern der Improvisation. Wer schafft es schon, 60 Jahre alte, klapprige amerikanische Straßenkreuzer immer wieder fit zu machen? So sind die Oldtimer auf der Insel schon fast ein Sinnbild der kubanischen Politik - denn auch das politische System in Kuba wird immer wieder "fit" gemacht. Aber einen neuen Motor gibt es eben nicht.
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