Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat die Einsprüche gegen die Olympia-Sperre des russischen Leichtathletik-Teams abgelehnt. Damit haben die Sport-Richter in der Schweiz die Entscheidung des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF bestätigt: Aufgrund eines nachgewiesenen staatlich-organisierten Dopingsystems ist der russische Leichtathletik-Verband für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro ausgeschlossen.
Staatliches Doping-System in Russland
Doch die Doping-Vorwürfe gegen Russland gehen mittlerweile schon viel weiter: Der am Anfang der Woche präsentierte neue Bericht der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), verfasst vom kanadischen Jura-Professor Richard McLaren, belegt in aller Ausführlichkeit, dass nicht nur in der Leichtathletik systematisch Doping betrieben und vertuscht wurde. Vielmehr haben russische Regierungsstellen und der russische Geheimdienst in zahlreichen Sportarten in Russland in den vergangenen Jahren positive Dopingproben manipuliert.
Mit dieser systematischen Dopingpraxis hat Russland in den Augen der Welt die sportlichen Prinzipien von Fairness verletzt. Mehr noch: Es hat den eigenen Ruf als erfolgreiche Sportnation auf Jahre hinaus ruiniert, die Olympischen Spiele in Rio schon jetzt schwer beschädigt und vor allem das Internationale Olympische Komitee (IOC) unter immensen Druck gesetzt: Denn entweder beschließt das IOC nun in den nächsten Tagen den Komplett-Ausschluss aller russischen Sportler oder das IOC entwertet seinen eigenen Bemühungen im Kampf gegen Doping.
Zeigt Putin Leadership-Qualitäten?
Die Versuche in Russland, die Vorwürfe als "US-amerikanische Verschwörung" zu verkaufen, sind nur peinlich. Ebenso die Rufe nach mehr Fakten: Der McLaren-Bericht ist eindeutig und dies wird weltweit nicht in Zweifel gezogen. Alle Versuche, das festgestellte Doping-System weiterhin zu bestreiten, lassen nur den Zweifel an Russlands Ehrenhaftigkeit steigen.
Anstatt die Manipulationen zu leugnen, sollte Russland den Mut zu einer achtbaren Lösung haben: Das russische Nationale Olympische Komitee sollte dem IOC zuvorkommen und alle für Rio nominierten Sportler der Sportverbände und Disziplinen zurückziehen, bei denen der McLaren-Bericht handfeste Belege für das staatlich organisierte Doping-System gefunden hat: neben Leichtathletik also vor allem Gewichtheben, Kanu, Rudern, Radsport, Schwimmen und diverse Kampfsportarten.
Mit dieser Entscheidung würde Russland den Druck vom IOC nehmen, den kompletten Kader aus Russland von den Spielen in Rio in wenigen Wochen auszuschließen. Russland könnte dann wenigstens in einigen wenigen Sportarten bei den Olympischen Spielen 2016 vertreten sein, die im McLaren-Bericht nicht in den Zusammenhang mit Doping gebracht worden sind - beispielsweise Reiten, Turnen, Turmspringen, Badminton und Golf.
Bleibt Russland stur, gibt es nur Verlierer
Mit solch einer Entscheidung könnte Russland versuchen, verlorengegangenes Vertrauen in die Sportnation Russland wiederherzustellen. Es wäre ein Symbol für Reue und machte Hoffnung auf ein ernsthaftes Bemühen um ein dauerhaftes Ende des russischen Doping-Systems.
Sollte sich Russland aber stur stellen und kein Einsehen in die massive Regelverletzung haben, dann zwingt es das IOC in den nächsten Tagen, Russland vom größten Sportereignis dieses Jahres auszuschließen. Russland hätte sich damit endgültig sportlich ins Aus geschossen und international isoliert. Schwer vorstellbar, wie unter diesen Umständen dann in Russland die FIFA-WM 2018 noch stattfinden soll. Das IOC hat schon jetzt internationale Wettkämpfe in Russland für die nächste Zeit ausgeschlossen.
Falls sich das IOC jedoch gegen den Ausschluss entscheidet, dann wäre das für Russland nur ein Scheinsieg: Die Glaubwürdigkeit des IOC im Kampf gegen Doping wäre auf Jahre hinaus schwer beschädigt. Und die möglichen russischen Medaillengewinner hätten gewiss kaum Freude an ihrem Erfolg: Denn niemand in der Welt würde ihnen glauben, dass es ein fairer Sieg war.
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