Schwarze Woche für chinesische Anwälte
Für die chinesischen Menschenrechtsanwälte und Aktivisten war es eine schwarze Woche. Gleich vier ihrer Vertreter wurden in den vergangenen vier Tagen von einem Gericht in der nordchinesischen Stadt Tianjin verurteilt. Der Vorwurf: "Untergrabung der Staatsgewalt". Das Strafmaß reichte von drei Jahre auf Bewährung bis zu siebeneinhalb Jahre Haft. Damit fielen die ersten Urteile nach dem sogenannten "709-Vorfall" - der größten Verhaftungswelle in China seit Jahren.
Anwälte und Aktivisten seit einem Jahr und Druck
Der Hintergrund: Am 9. Juli 2015 hatten die chinesischen Behörden mit der Inhaftierung von rund 300 Anwälten, Kanzleimitarbeitern, Aktivisten und ihren Angehörigen begonnen. Der Eindruck damals: Die Personen, die sich gezielt mit Menschenrechtsfragen beschäftigen, sollten mundtot gemacht werden. Viele der Festgenommenen wurden in den folgenden Wochen zwar wieder freigelassen. Rund zwei Dutzend blieben allerdings weiter in Haft. Darunter auch die vier jetzt Verurteilten.
Immer weiter hat die chinesische Regierung in den zurückliegenden Jahren die Kontrolle über die Gesellschaft verstärkt. Sie hat die Zensur im Internet verschärft, liberale Medien kaltgestellt - so zum Beipiel vor wenigen Wochen das reformorientierte Magazin "Yanhuang Chunqiu". Insofern passen die jetzt gefallenen Urteile ins Bild. Viele China-Analysten reiben sich dennoch verwundert die Augen: Nur wenige unter ihnen hätte vor einigen Jahren geglaubt, dass die Zeit unter der Vorgängerregierung, also unter Hu Jintao und Wen Jiabao, eines Tages als nahezu liberale Phase erscheinen könnte.
Große Verunsicherung in China
Und die Regierung unter Xi Jingping hat mit ihrer Einschüchterungspolitik leider Erfolg. Die Verunsicherung in den Menschenrechtszirkeln in China ist groß. Das hat auch die Deutsche Welle in den vergangenen Tagen gemerkt, wenn sie etwa Interviews mit Anwälten geführt hat. Auch die deutschen China-Korrespondenten schildern ein ähnliches Bild: Für sie ist es immer schwieriger, Interviewpartner zu finden, die sich trauen, eine unabhängige Meinung jenseits der Regierungspolitik zu vertreten. Als sich viele der Peking-Korrespondenten vor wenigen Wochen auf einer großen Konferenz in Deutschland trafen, war der "Running Gag" unter ihnen: "Jetzt müssen wir schon nach Berlin kommen, um zur Entwicklung Chinas Interviews führen zu können."
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!