Solidarität mit Ägypten
10. April 2017Nach den Anschlägen auf zwei koptische Kirchen am Palmsonntag erlebt Ägypten eine bemerkenswerte Welle der Solidarität: Muslimische Bürger bekunden ihren Beistand mit der christlichen Minderheit, beschwören auf Twitter und Facebook die Einheit des Landes und spenden Blut für christliche Terroropfer. Die Botschaft ist ebenso tröstlich wie eindeutig: Wir alle sind Ägypter! Wir lassen uns nicht durch Hetze und Gewalt auseinander dividieren!
Dieses Ägypten verdient auch unsere Solidarität! Denn eine bessere Antwort auf den Terror hätten die Ägypter nicht geben können. Das Kalkül der Terroristen zielt ja genau darauf ab, einen Keil zwischen Muslime und Christen zu treiben und die ägyptische Gesellschaft von innen heraus zu destabilisieren.
Die Solidarität, die Ägyptens Christen jetzt nach den beiden Anschlägen von muslimischer Seite erleben, ist daher auch ein wichtiges Signal in Richtung aller Aktivisten und Sympathisanten des "Islamischen Staates" (IS), der beide Anschläge mit widerwärtigem Stolz für sich reklamiert hat: Hier positionieren sich Muslime, die klar sagen: Terror gegen Andersgläubige hat nichts, aber auch gar nichts nicht mit unserem Glauben zu tun!
Al-Sisi muss mit Bedacht vorgehen
Nun ist die Politik am Zuge. Präsident Abdelfatah Al-Sisi hat einen dreimonatigen Ausnahmezustand verhängen lassen und verstärkte Sicherheitsmaßnahmen angekündigt. Ägyptens Christen benötigen diesen Schutz dringend. Ihnen bleibt gar keine andere Wahl, als ihre eigene Sicherheit der Regierung anzuvertrauen und bestmöglich mit ihr zu kooperieren - auch wenn sie dadurch noch stärker ins Visier radikaler Islamisten geraten, die in ihnen Vasallen des verhassten Regimes von Al-Sisi sehen.
Doch die Regierung hat es bisher nicht vermocht, die Christen zu schützen und die Ermordung und Vertreibung von Kopten von der Halbinsel Sinai zu stoppen. Hier muss Al-Sisi mehr tun, auch mit militärischen Mitteln. Aber er muss dabei auch mit Bedacht vorgehen. Ein noch schärferes Vorgehen gegen Regierungskritiker und Oppositionelle und insbesondere weitere Menschenrechtsverletzungen wären fatal. Sie könnten die Gesellschaft spalten und die Lage für die Christen noch gefährlicher werden lassen.
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