Trumps Laienspielschar
In den fast sechs Monaten seit seinem Amtsantritt, und obwohl die Republikaner über eine große Mehrheit im Repräsentantenhaus und Senat verfügen, haben Donald Trump und seine Partei noch immer keinen großen gesetzgeberischen Wurf landen können. Am deutlichsten zeigt sich dieses Scheitern in der Unfähigkeit, Trumps zentrales Wahlkampfversprechen einzulösen und Obamacare durch eine eigene Gesundheitsreform zu ersetzen.
Dieses Gesetzgebungs-Debakel ist umso peinlicher, weil die Idee, Obamas wichtigstes Gesetz abzuschaffen, schon immer auf der Agenda der Republikaner gestanden hat - anders als zum Beispiel Trumps fixe Idee, eine Grenzmauer zu Mexiko zu bauen. Seit Jahren schon ist die Abschaffung von Obamacare der gemeinsame Schlachtruf der Republikaner aus allen Ecken der USA.
Kein Anlass zu Schadenfreude
Dass das Versprechen, Obamacare erst auszusetzen und dann zu ersetzen, nach holprigen Anläufen im Repräsentantenhaus nun letztendlich im Senat gescheitert ist, kann dennoch kein Anlass zu Schadenfreude sein.
Zum einen müssen alle verantwortungsbewussten Bürger in den USA und auf der ganzen Welt (auch jene, die keine Trump-Anhänger sind) daran interessiert sein, dass die einzige Supermacht professionell und vorhersagbar regiert wird.
Mit dem unerfahrenen und sprunghaften Oberbefehlshaber im Oval Office fällt die Verantwortung für professionelles Regieren den Republikanern im Kongress zu. Sie sollten sich deswegen darum kümmern, dass ein Anschein von Beständigkeit, Steuerung und Führung erhalten bleibt - erst recht zu einem Zeitpunkt, an dem die USA und die Welt das dringend brauchen.
Aber leider haben die republikanischen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus und im Senat völlig versagt. Anstatt die Gelegenheit beim Schopf zu packen, den missmutigen Präsidenten an die Hand zu nehmen und mit ihm klare Ziele und Ideen abzustecken, die in echte Politik münden, sind sie inzwischen Trumps Laienspielschar beigetreten.
Spielen mit der Gesundheitsversorgung
Die selben Politiker, die acht Jahre damit verbracht haben gegen Obamacare zu wettern, haben es versäumt ein Alternativkonzept zu entwickeln: eine Gesundheitsreform, die eine Mehrheit wenigstens bei den republikanischen Abgeordneten und Senatoren findet. Das ist mehr als unprofessionell!
Die Krönung des ganzen Desasters war, dass wiederholt Abstimmungen angesetzt wurden, nur um sie später wieder abzusagen. Das ist beunruhigend: Zeigt es doch, dass die republikanischen Mehrheitsführer im Kongress nicht nur ihre Truppen nicht beieinander halten können, sondern auch noch bereit sind, selbst bei so wichtigen Gesetzesvorhaben wie der Gesundheitsreform zu pokern.
Dabei geht es bei der Gesundheitsversorgung um einen Bereich, der ungefähr 18 Prozent des US-amerikanischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Und - noch viel wichtiger - um eine Form der öffentlichen Fürsorge, die für viele Menschen über Leben und Tod entscheidet.
Unsicherheit für Patienten und die Wirtschaft
Es lässt die Amerikaner, die derzeit Obamacare nutzen, im Unklaren, ob sie in Zukunft noch Zugang zu einer Krankenversicherung haben werden. Und es erhöht die Unsicherheit für alle wirtschaftlichen Akteure, die sich auf dem Gesundheitsmarkt tummeln. Auch das ist einer der Gründe dafür, weshalb der US-Dollar auf ein Elf-Monats-Tief gegenüber dem Euro gesunken ist.
Müsste man Trump und den Kongress-Republikanern jetzt einen Erfolgs- und Leistungsnachweis ausstellen, fiele der kaum positiv aus. Denn sie schaffen eben nicht, wofür sie gewählt worden sind: die USA professionell zu regieren. Vielleicht ist es am besten, auf die Midterms Elections im kommenden Jahr zu warten, mit denen einige Senatoren- und alle Repräsentantenhaus-Sitze neu vergeben werden. Dann werden wir sehen, wie die Amerikaner es finden, von den Republikanern - der Grand Old Party - regiert zu werden.
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