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Film

Die 67. Berlinale: Wunder der Vielfalt

Jochen Kürten
Jochen Kürten
19. Februar 2017

Die Bären-Verleihung hat noch mal das Augenmerk auf die Stärke der Berlinale gelenkt: deren unfassbare künstlerische und menschliche Vielfalt. Weiter so, meint Jochen Kürten.

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Berlinale | Abschluss und Verleihung der Bären | Preisträger Goldener Bär Ildikó Enyedi
Ildikó Enyedi freut sich über den Goldenen BärenBild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Mit dem Publikumstag geht die 67. Berlinale an diesem Sonntag (19.02.2017) zu Ende. Die Verleihung des Goldenen Bären an den ungarischen Film "Teströl és lélekröl" ("On Body and Soul") von Regisseurin Ildikó Enyedi am Vortag hat noch einmal eindrücklich daran erinnert, worin die Stärke gerade dieses Filmfestivals liegt.

Die Berlinale verfügt über einen einzigartigen Reichtum an Farbigkeit. Man hat fast das Gefühl, dass in Berlin im Februar sämtliche Völker und Nationen für ein paar Tage zusammenkommen, um Film und Kunst zu zeigen und zu feiern.

Vielfalt der Nationen und der Ästhetik

Gerade die Gala am Samstag hat noch einmal nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht. Schaut man allein auf die Auswahl der Grand Jury unter dem Niederländer Paul Verhoeven, so lässt sich folgendes zusammenfassen: Zunächst kommt eine völlig überraschte, von der Situation sichtlich überforderte und sprachlose rumänische Cutterin auf die Bühne, um sich den ersten Silbernen Bären abzuholen. Für ein Werk, das die Liebe zweier junger, psychisch kranker Menschen zeigt.

Dann folgen zwei Chilenen, die für einen Film über eine Transgender-Frau ausgezeichnet werden. Dann ein österreichischer Schauspieler in einem unmöglichen Outfit, der sich zunächst einmal auf großer Bühne mit dem Fingernagel im Mund herumpult, um seinen Kaugummi auf den ihm gerade überreichten Silbernen Bären zu kleben. Es folgt eine bewegte koreanische Darstellerin, die es schafft ihre Emotionen auf der großen Bühne auf bewundernswerte Art und Weise zu zügeln.

Auch Glamour - aber mehr wirkliches Leben

Dann folgt ein weiterer denkwürdiger Auftritt für die Ewigkeit. Der finnische Regisseur Aki Kaurismäki ist offenbar - Pardon - so sturzbetrunken, dass es ihm gar nicht in den Sinn kommt, die Bühne zu erklimmen. Er bleibt sitzen, erhebt sich kurz, gestikuliert und nimmt seinen Bären von den Jurymitgliedern und Festivalchef Dieter Kosslick entgegen, die die Situation blitzschnell erkannt haben und zu Kaurismäkis Platz im Saal gegangen sind. Tosender Applaus. Im Film des Finnen ging es übrigens um ein Flüchtlingsschicksal.

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DW-Redakteur Jochen Kürten

Danach betreten zwei polnische Filmemacherinnen die Bühne, die für ein auch feministisch angelegtes Tierschutzdrama einen Bären bekommen. Daraufhin applaudiert das Publikum im Saal einem französisch-senegalesischen Regisseur zu, der einen Preis für einen Film bekommt, der das dramatische Schicksal einer Mutter in Kongo beschreibt. Deren Sohn hat einen schweren Unfall, dessen rasche Behandlung zunächst an fehlenden finanziellen und medizinischen Mitteln scheitert. 

Schließlich - zum krönenden Abschluss - erhält eine ungarische Regisseurin den Goldenen Bären für ein Werk, dass die vorsichtige Annäherung zweier Menschen zeigt, die sowohl physisch als auch psychisch deformiert sind.

Auch die Bären-Gala war ein Statement: Ausdruck des Protests

Man muss diese Preisverleihung noch einmal in allen skurrilen Einzelheiten und verrückten Details an sich vorbeiziehen lassen. Denn sie demonstriert in aller Deutlichkeit, was hier geschieht. Die Vielfalt der Welt, der Menschen und der Geschlechter, der verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen - all das wird bei der Berlinale wie in einem Brennglas fokussiert.

"Unser Programm ist Protest genug", hatte Dieter Kosslick kurz vor dem Festival-Start angekündigt. Mit dem Protest war natürlich der Aufstand gegen Donald Trump gemeint. Eigentlich hatten die meisten Beobachter das als Hinweis auf die vielen politischen Filme mit Menschenrechtsthematik verstanden. Die hat es auch gegeben. Doch vor allem war diese Berlinale ein Festival der menschlichen Vielfalt, eine Feier des Lebens, ein Fest der Kunst und Phantasie. Auch das ist ein Zeichen des Protests. Gegen Intoleranz und Rassismus, gegen Vorurteile und Fremdenhass. Ein Protest gerade zur richtigen Zeit.

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