Kongo: Mit Wahlmaschinen gegen das Misstrauen
6. Januar 2018Die kongolesische Wahlkommission CENI hat ihren Sitz direkt an der Place du 30 juin. Hier, im pulsierenden Zentrum der Hauptstadt Kinshasa, präsentiert der Kommissionsvorsitzende Corneille Nangaa im Dezember 2017 die neueste Errungenschaft der CENI: einen Wahlcomputer aus Südkorea. Ende 2018 sollen im Kongo Wahlen stattfinden, die neue Technik soll die Abstimmung einfacher machen.
Bisher waren die Stimmzettel schon mal rund 60 Seiten lang. Zukünftig seien "normale Formate" zu erwarten, verspricht Nangaa. "Der Wähler bekommt einen leeren Stimmzettel und führt ihn in die Maschine ein. Dann kann er den Wahlzettel mit dem Foto seines Kandidaten ausdrucken, in die Urne werfen - und die Auszählung erfolgt auf gewohntem Weg."
Nangaa glaubt, dass seine Kommission für das Wahljahr 2018 gut gerüstet ist. Die leidige Wählerregistrierung, Jahr für Jahr hinausgezögert mit dem Verweis auf die schlechte Infrastruktur und die vielen Konflikte, soll im Januar endlich abgeschlossen sein, verspricht er im DW-Gespräch. Dann müssten eventuell Doppeleinträge im Wählerverzeichnis korrigiert werden. Die weiteren Vorbereitungen könnten aus dem Kommissions-Budget von 435 Millionen US-Dollar bestritten werden.
Kein Vertrauen in die Wahlkommission
Ngulumira Amini Frederic hat für Nangaas Wahlkommission dagegen kein gutes Wort übrig. Der Vorsitzende der Oppositionspartei RCD-KML hat seine Machtbasis in Goma, drei Flugstunden von der Hauptstadt entfernt. "Sie sagen, diese Maschine soll uns bei den Wahlen helfen", wettert er. Stattdessen würden sie die Bevölkerung weiter verunsichern: "Viele Kongolesen sind nie zur Schule gegangen, sie können nicht lesen oder schreiben. Diese Maschinen liefern noch mehr Möglichkeiten für Wahlbetrug", meint er.
Kongos Osten leidet besonders unter Überfällen und Kämpfen verschiedener Rebellengruppen. Von staatlicher Kontrolle ist hier wenig zu spüren. Diese Zustände haben neue zivilgesellschaftliche Gruppen auf den Plan gebracht wie die Aktivisten von Lucha. Sie demonstrieren regelmäßig für einen politischen Wandel im Land. Das Vertrauen in die Wahlkommission habe man verloren, sagt Lucha-Sprecher Jovin Kombi im DW-Interview. "Sie haben eine zu große Nähe zu den politischen Führern, die nur um den eigenen Machterhalt kämpfen, ohne zur Entwicklung des Landes beizutragen."
Was bringen die Wahlcomputer?
Die Wahlkommission scheint sich aber nicht um solche Kritik zu scheren. Sie sei unabhängig und arbeite eigenständig, betont Nangaa. Zweifel an den technischen Innovationen seien unbegründet. Vielmehr erhöhten die Wahlcomputer die Glaubwürdigkeit des Prozesses noch. Die elektronische Auswertung erleichtere die schnelle Übermittlung der Daten in die Zentrale, verspricht Ngaa. Im Zweifel gelte aber das Ergebnis der Auszählung der ausgedruckten Stimmzettel.
Andere afrikanische Länder haben bereits elektronische Wahlverfahren erprobt. Ghana machte 2012 einen ersten Versuch, Namibia führte 2014 die erste afrikanische Wahl durch, die von der Identifikation der Wähler bis zur Stimmauszählung digitalisiert war. Große Zwischenfälle gab es damals nicht.
Inzwischen wird auch in einigen anderen Ländern eine Einführung von Wahlcomputern diskutiert. Immer wieder stellen aber Kritiker die Sicherheit elektronischer Wahlverfahren infrage. Die Wahlkommission in Botswana forderte vergangenes Jahr gar Hacker auf, die für 2019 geplanten indischen Wahlcomputer zu manipulieren, um ihre Zuverlässigkeit zu testen. In Kenia fiel bei den Wahlen 2012 das System zur elektronischen Übermittlung der Wahlergebnisse aus, Manipulationsvorwürfe der Opposition waren die Folge. Auch bei der Abstimmung 2017 erhob die kenianische Opposition massive Vorwürfe an der elektronischen Komponente.
Viele Bürger fordern Rücktritt Kabilas
Erfahrungen, die zeigen: Friedliche Wahlen funktionieren nicht ohne Vertrauen. Doch außerhalb von Corneille Nangaas kleinem Reich ist davon wenig zu spüren. Einige Kilometer weiter südlich, in Kinshasas Stadtviertel Limete - einer Oppositionshochburg - bestimmt vor allem eine Frage das Leben: Wie kann es sein, dass Präsident Joseph Kabila ein Jahr nach Ablauf seines Mandats noch im Amt ist? Warum ist eine Übergangsregierung, die die Zeit bis zu Neuwahlen regeln sollte, nicht umgesetzt - ein Jahr, nachdem ein Abkommen dies festgelegt hatte?
"Unser Land ist ein Rechtsstaat, Präsident Kabila ist nicht mehr legal im Amt", sagt ein Motorradtaxifahrer. "Er trotzt dem Gesetz. Wir, die Bevölkerung, fordern seinen Rücktritt." Und ein anderer pflichtet ihm bei: "Kabila muss gehen. Das Problem der Wahlen werden wir dann angehen - nach seinem Rücktritt." Bisher aber ist ein Nachfolger für den ungeliebten Präsidenten nicht in Sicht. Das Regierungsbündnis hat noch keinen Kandidaten benannt, und auch in der Opposition herrscht Uneinigkeit.
Mitarbeit: Daniel Gakuba, Frejus Quenum