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Konjunkturprognose des IWF mit Lichtblicken

31. Januar 2023

Noch im Herbst warnte der IWF vor dem Risiko einer globalen Rezession. Zwar belasten globale Krisen die Weltwirtschaft weiter. Doch Chinas neue Corona-Politik könnte den Weg zu einer Erholung ebnen.

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China Außenhandel
Bild: CHINATOPIX/dpa/picture alliance

Die Weltwirtschaft wird die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die weiterhin hohe Inflation etwas besser verkraften als zunächst befürchtet. Das liege nicht zuletzt an den Entwicklungen in China, hieß es am Dienstag in der aktualisierten Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Weltwirtschaft. 

Zwar werde sich das Wachstum im Vergleich zu 2022 (3,4 Prozent) in diesem Jahr auf 2,9 Prozent verlangsamen. Doch die Aussichten seien "weniger düster" als noch im Oktober angenommen, schrieb IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Grund dafür seien "positive Überraschungen" und eine "unerwartet hohe Widerstandsfähigkeit" in zahlreichen Volkswirtschaften, so der Bericht. Ein Treiber der Weltwirtschaft könnte Chinas Abkehr von der Null-Covid-Strategie sein.

Coronavirus Weltgesundheitsorganisation (WHO) Berichte
Keine Lockdowns mehr - China hat seine strenge "Null-Covid"-Politik aufgehoben. Das hilft der WirtschaftBild: Andy Wong/AP/dpa/picture alliance

Es gibt einige Risiken für Wirtschaftsentwicklung

Der IWF erwartet in diesem Jahr kein Abrutschen der Weltwirtschaft in die Rezession - eine Option, welche die Ökonomen im Herbst nicht ausgeschlossen hatten. Gourinchas zufolge könnte die aktuelle Prognose einen "Wendepunkt" darstellen und das Wachstum seinen Tiefpunkt erreichen, während die Inflation zurückgehe. Sollte China mit den Impfungen gegen das Coronavirus schneller vorankommen, würde dies einen Aufschwung sichern.

Allerdings zählt der Bericht auch etliche Risiken auf, die eine Verschlechterung der Wirtschaftslage zur Folge hätten: eine weitere Verschärfung der Corona-Situation in China, eine Eskalation des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und eine Schuldenkrise aufgrund der strengen Geldpolitik der Zentralbanken. 

Vor allem Indien und China wachsen

In seiner aktualisierten Prognose rechnet der IWF in diesem Jahr noch mit einem globalen Wachstum von 2,9 Prozent. Das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als noch im Oktober angenommen - allerdings ist das Wachstum im Vergleich mit den vergangenen zwei Jahrzehnten unter dem "historischen Durchschnitt". Für das Jahr 2024 wird ein Wachstum von 3,1 Prozent erwartet.

Die Hälfte des erwarteten weltweiten Wachstums dürfte allein auf zwei große Schwellenländer Indien und China entfallen. Die USA und die Euro-Zone kämen nur auf ein Zehntel des gesamten Wachstums. Die Wirtschaft in China wird laut IWF 2023 um 5,2 Prozent wachsen, 2024 dann um 4,5 Prozent. Für Indien werden 6,1 und dann 6,8 Prozent erwartet.

Acht Milliarden Bevölkerung | Mumbai Indien
Rund 1,4 Milliarden Menschen sorgen in Indien für WirtschaftswachstumBild: Rajanish Kakade/AP/dpa/picture alliance

Russland wird wieder stärker wachsen

Auffällig ist auch, dass die Prognosen für Russland deutlich verbessert wurden. Nach einer 2022 um 2,2 Prozent schrumpfenden Wirtschaft wird nun mit Plus-Raten von 0,3 und dann 2,1 Prozent gerechnet. Die USA als größte Volkswirtschaft der Welt dürften 2023 und 2024 um 1,4 und 1,0 Prozent zulegen.

Für die Eurozone prognostiziert der IWF ein Wachstum von 0,7 Prozent in diesem Jahr - ein um 0,2 Prozentpunkte höheres Wachstum als zuvor angenommen. In Deutschland soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2023 nur noch um 0,1 Prozent wachsen - das ist allerdings eine Anhebung der Schätzung um 0,4 Prozentpunkte. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft in Deutschland dann um 1,4 Prozent wachsen - das sind 0,1 Prozentpunkte weniger als zuvor erwartet.

Eine düstere Prognose gaben die IWF-Experten für Großbritannien ab. Demzufolge wird die britische Wirtschaft dieses Jahr nicht wachsen, sondern um 0,6 Prozent schrumpfen. Das Land bildet damit das Schlusslicht in der am Dienstag veröffentlichten IWF-Betrachtung. 

Strenge Geldpolitik zahlt sich aus

Dass die Weltwirtschaft aber nun doch stärker wachsen soll, als noch im Oktober angenommen, liegt dem Bericht zufolge auch daran, dass Europa die Schocks im Energiebereich durch den Krieg in der Ukraine besser verkraftet hat als erwartet. Trotz heftiger Gegenwinde sei das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal 2022 in zahlreichen Volkswirtschaften überraschend stark - darunter in den Vereinigten Staaten und im Euroraum.

Deutschland Inflation, Symbolbild
Experten rechnen damit, dass die Verbraucherpreise in Deutschland auch wegen der nicht mehr ganz so teuren Energie in diesem Jahr deutlich langsamer steigen werden.Bild: Matthias Stolt/CHROMORANGE/picture alliance

Auch die Zinsanhebungen der Zentralbanken zeigten Wirkung, so der IWF. "Der Kampf gegen die Inflation zahlt sich allmählich aus", sagte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas. Die Notenbanken, die zuletzt rund um den Globus die Zinsen ungewöhnlich schnell angehoben haben, müssten ihre Anstrengungen fortsetzen. Der Gegenwind sei aber weniger stark als noch im Oktober. 2023 könnte die Wende bringen. Der Ausblick habe sich nicht weiter eingetrübt. Rund 84 Prozent der Länder werden wohl in diesem Jahr niedrigere Verbraucherpreise aufweisen als noch im vergangenen Jahr. "Das sind gute Nachrichten, aber noch nicht genug." Die volle Wirkung werde sich wahrscheinlich nicht vor 2024 einstellen, hieß es in der Prognose weiter.

Für 2023 rechnet der IWF weltweit mit einer Teuerungsrate von 6,6 Prozent, im kommenden Jahr soll sie dann bei 4,3 Prozent liegen. Dennoch werde es dauern, bis wieder Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent herrsche. In der großen Mehrheit der Staaten wird die Teuerungsrate im Jahr 2024 immer noch über dem Niveau vor der Corona-Pandemie liegen.

IWF-Chefvolkswirt Gourinchas betonte, dass die plötzliche Wiedereröffnung Chinas in vielen Ländern den Weg für eine rasche Erholung der Wirtschaft freigemacht habe. Diese könnte allerdings in Stocken geraten, falls die Konjunktur in China durch heftige Corona-Wellen wieder ausgebremst werde. Dort lag das Wachstum im Jahr 2022 laut IWF bei drei Prozent. Es sei das erste Mal seit mehr als 40 Jahren gewesen, dass Chinas Wachstum unter dem weltweiten Durchschnitt gelegen habe.

iw/hb (dpa, rtr, afp)