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Diplomaten in Libyen als Geiseln genommen

12. Juni 2015

Ein auseinanderbrechendes Land - zwei konkurrierende Regierungen: Für viele ist Libyen längst ein gescheiterter Staat, Gewalt ist an der Tagesordnung. Jetzt traf es Entsandte des Nachbarlandes Tunesien.

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Tunesisches Konsulat in der libyschen Hauptstadt Tripoli (Foto: MAHMUD TURKIA/AFP/GettyImages)
Bild: Getty Images/AFP/M.Turkia

Bewaffnete Milizionäre haben das tunesische Generalkonsulat in der libyschen Hauptstadt Tripolis (Archivbild) gestürmt. Sie nahmen zehn Mitarbeiter als Geiseln.

Das tunesische Außenministerium sprach von einem Angriff auf die Souveränität des Landes. Ein Sprecher sagte, die Regierung verfolge die Situation und arbeite an einer Freilassung der Geiseln.

Unklar ist, ob die Konsulatsangehörigen am Ort festgehalten werden oder ob die Eindringlinge mit ihnen flohen. Auch ob die Milizionäre das Feuer eröffneten, sei nicht bekannt, so der Sprecher. Alle tunesischen Staatsbürger in Libyen sollten das Land schnellstmöglich verlassen.

Rivalisierende Milizen

Nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 versank Libyen im Chaos. In dem ölreichen Land toben seit Monaten Kämpfe zwischen rivalisierenden Milizen.

Zwei Regierungen, die sich gegenseitig nicht anerkennen, konkurrieren um die Macht: eine weltlich orientierte in Tobruk im Osten des Landes, wo inzwischen auch das Parlament seinen Sitz hat - und eine islamistische Gegenregierung in der Hauptstadt Tripolis, die international nicht anerkannt wird.

Paradies für die organisierte Kriminalität

Weite Teile im Landesinnern entziehen sich jeder staatlichen Kontrolle - ein Paradies für die organisierte Kriminalität mit viel Raum für Schleuser- und Schlepperbanden, die von hier aus zehntausende afrikanischer Flüchtlinge auf die Reise nach Europa schicken.

Auch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) profitiert vom Zerfall des Staates. So steht Gaddafis Heimatstadt Sirte inzwischen vollständig unter Kontrolle der Islamisten. Westliche Geheimdienste befürchten, dass in Libyen eine neue IS-Basis entsteht, die auch Europa bedrohen könnte.

Plan Nummer vier

Der UN-Vermittler für Libyen Bernardino León (links) mit Bundesaußenminister Steinmeier am Mittwoch in Berlin (Foto: ODD ANDERSEN/AFP/Getty Images)
Der UN-Vermittler für Libyen Bernardino León (links) mit Bundesaußenminister Steinmeier am Mittwoch in BerlinBild: Getty Images/Afp/O. Andersen

Mehrere Großmächte bemühen sich um eine Stabilisierung des nordafrikanischen Landes - zuletzt am Mittwoch bei Gesprächen in Berlin, an denen Vertreter Libyens, der fünf UN-Vetomächte sowie Deutschlands, Italiens und Spaniens teilnahmen, ebenso wie UN-Vermittler Bernardino León.

Auf einem neuen Entwurf für ein Friedensabkommen, den León Ende April vorgelegt hatte, ruhen nun die Hoffnungen vieler. Es ist, nach monatelangen Verhandlungen ohne Erfolg, schon Plan Nummer vier.

jj/fab (dpa, afp, ap)