Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in Strafkolonie gestorben
16. Februar 2024Der prominenteste Kremlkritiker Russlands starb am Freitag in der Strafkolonie in der russischen Polarregion, wie die Gefängnisverwaltung des nordrussischen Gebietes Jamal mitteilte. Der Häftling habe sich nach einem Gang im Freien "unwohl gefühlt" und "fast sofort das Bewusstsein verloren". Es sei medizinisches Personal herbeigerufen worden, das jedoch nicht in der Lage gewesen sei, Nawalny wiederzubeleben.
Die Pressesprecherin Nawalnys, Kira Jarmysch, kann nach eigenen Angaben dessen Tod noch nicht bestätigen. Sie äußerte sich auf der Online-Plattform X, nachdem die Gefängnisverwaltung über das Ableben des 47-Jährigen informiert hatte. Nawalnys Anwalt sei auf dem Weg zu dem Straflager, das etwa 2000 Kilometer von Moskau entfernt im Norden Russlands liegt, erklärte sie.
Das russische Präsidialamt hat nach eigenen Angaben keine Informationen über die Ursache des Todes von Nawalny. Die Strafvollzugsbehörde unternehme alle Untersuchungen, erklärt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Der russische Präsident Wladimir Putin wurde nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass über den Tod Alexej Nawalnys informiert.
30 Jahre Haft
Alexej Nawalny war zu insgesamt mehr als 30 Jahren Haft verurteilt. Die Anschuldigungen reichen von Betrug bis hin zu Extremismus. Er hat die Vorwürfe stets bestritten und als politisch motiviert bezeichnet. Tatsächlich gehe es nur darum, Kritik am russischen Präsidenten Putin zu unterdrücken, erklärten er und seine Mitstreiter. Nawalnys politische Bewegung wurde verboten, enge Mitarbeiter wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland.
Medizinische Behandlung in Deutschland
Der Oppositionelle hatte 2020 in Russland nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebt. Nachdem er in Deutschland medizinisch behandelt worden war, kehrte Nawalny am 17. Januar 2021 nach Russland zurück - und wurde noch am Flughafen verhaftet. Im vergangenen Dezember war der als politischer Gefangener eingestufte Dissident über mehrere Wochen verschwunden. Im Nachhinein hieß es, die Justiz habe ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt. Nawalny vermutete, dass er dort vor der anstehenden Präsidentschaftswahl im März möglichst isoliert werden sollte.
Nawalny führte immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzte die Gerichtsauftritte nicht zuletzt zur beißenden Kritik an Putins autoritärem System und Moskaus Krieg gegen die Ukraine. Zuletzt wurde Nawalny mit Beginn des Wahlkampfes zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet.
EU macht Russland für Nawalnys Tod verantwortlich
Im Namen der Europäischen Union (EU) hat Ratspräsident Charles Michel den verstorbenen Oppositionellen gewürdigt. "Alexej Nawalny kämpfte für die Werte der Freiheit und der Demokratie. Für seine Ideale hat er das höchste Opfer gebracht", schrieb Michel im Kurznachrichtendienst X. Für seinen Tod mache die EU "das russische Regime allein" verantwortlich.
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, der Tod des Dissidenten sei "etwas ganz Furchtbares". Er diene auch als Zeichen, wie sich Russland verändert habe. Scholz sprach der Familie Nawalnys sein Beileid aus. "Wir sind sehr bedrückt, wir sind bei der Familie, der Frau und dem Kind, und all den Angehörigen und Freunden", sagte der Kanzler in Berlin.
kle/se (afp, rtr, dpa, kna)