Kreml ärgert sich über Merkel-Kritik
9. Februar 2016Die russische Führung zeigt Nerven: In deutlichen Worten hat der Kreml kritische Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgewiesen, wonach die russische Luftwaffe bei ihren Bombardements in Syrien Zivilisten treffe und die Genfer Friedensverhandlungen erschwere. Es gebe zwar "viele solche Erklärungen, aber bis jetzt keine stichhaltigen Beweise", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Jeder Politiker solle "in der Wortwahl sehr genau und verantwortungsvoll sein". Die "heikle Lage" in Syrien erfordere dies. Der Sprecher kritisierte zudem, in der Vergangenheit habe sich zum "barbarischen Vorgehen von Terroristen" gegen syrische Soldaten "niemand geäußert".
Merkel hatte bei ihrem Türkei-Besuch am Montag Russland und das syrische Regime für die Luftangriffe auf Aleppo scharf kritisiert. "Wir sind entsetzt über das menschliche Leid durch die Bombenangriffe - auch von russischer Seite", betonte Merkel nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu in Ankara. Die Kanzlerin rief Moskau auf, die Luftangriffe einzustellen.
Merkel machte auch deutlich, dass Russland mit den Bombardements gegen eine entsprechende UN-Resolution verstoße, die sich gegen Angriffe auf die Zivilbevölkerung richte. Deutschland und die Türkei forderten von Russland die Einhaltung dieser Resolution, sagte Merkel. "Das, was sich an der türkisch-syrischen Grenze zeigt, ist das große Leid", sagte sie mit Blick auf die Flucht zehntausender Syrer nach den schweren Angriffen auf Aleppo.
Syrien nicht "besetzt"
Peskow widersprach auch Vorwürfen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Russland halte Teile von Syrien "besetzt". "Wir befinden uns auf Einladung der legitimen syrischen Regierung im Land, von einer Okkupation kann keine Rede sein - weder de jure noch de facto", sagte Peskow nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax.
Die syrische Opposition bekräftigte unterdessen, dass eine Feuerpause die Voraussetzung sein sollte für Friedensgespräche. Die russischen Luftangriffe würden die Lage weiter komplizieren, sagte Munser Machus vom Hohen Verhandlungskomitee (HNC) gegenüber russischen Medien. Das HNC gilt als wichtigster Zusammenschluss syrischer Oppositions- und Rebellengruppen und hat seinen Sitz in der saudischen Hauptstadt Riad. "Falls die Bombardements weitergehen, kann man sich schwer vorstellen, wie die Verhandlungen vorankommen sollen", erklärte Machus.
Russland unterstützt Syriens Machthaber Baschar al-Assad seit Ende September mit Luftangriffen. Der Westen wirft Moskau vor, außer Terrororganisationen auch die gemäßigte Opposition zu attackieren. Zuletzt waren die Verhandlungen für eine Friedenslösung unter UN-Schirmherrschaft im schweizerischen Genf ohne greifbares Ergebnis vertagt worden. Die internationale Gemeinschaft strebt eine Feuerpause, die Bildung einer Übergangsregierung und die Organisation von Wahlen an.
kle/rb (dpa, afp)